Wien – Im Vorjahr hat sowohl international als auch in Österreich das von Investmentfonds verwaltete Kapital neue Rekordstände erreicht. Global waren zu Jahresende insgesamt 44 Billionen Euro auf diese Weise veranlagt, das ist fast zweieinhalb so viel wie zehn Jahre zuvor, also unmittelbar vor dem Ausbruch der Finanzkrise. Auch in Österreich konnte der Stand von 2007 erstmals übertroffen werden, allerdings lag das Volumen zu Vorjahresende mit 175 Milliarden Euro nur hauchzart über dem damaligen Rekordwert.

Warum die Alpenrepublik dem Rest der Welt in dieser Entwicklung so stark hinterherhinkt, liegt für die beiden heimischen Fondsverbände VÖIG und VAIÖ an zwei Faktoren: Einerseits ist das Finanzwissen in Österreich allgemein zu dünn gesät, speziell die Kenntnisse über Investmentfonds. Wie Heinz Bednar, der als VÖIG-Präsident die österreichischen Fondsanbieter vertritt, betont, vermissen sie auf der anderen Seite ein "etabliertes Pensionsvorsorgesystem", das für regelmäßige Zuflüsse aus der dritten Pensionssäule in die Fondsbranche sorgen würde.

Garantie zu teuier

"Bei uns gibt es das in dieser Form nur sehr beschränkt", sagt er mit Blick auf die Zukunftsvorsorge, mit deren derzeitiger Ausgestaltung beide Verbände nicht zufrieden sind. Einerseits ist Bednar die verpflichtende Garantie ein Dorn im Auge, denn beim derzeitigen, extrem tiefen Zinsniveau bindet die Absicherung derart viel Kapital, dass für die Risikokomponente, also die Aktienveranlagung, kaum etwas übrig bleibt – und das ganze Konstrukt aus seiner Sicht "keinen Sinn mehr macht". Dementsprechend sei bei den Zuflüssen in Garantieprodukte zuletzt ein deutliches Minus festzustellen gewesen.

Folglich spricht sich die die Fondsbranche für eine Streichung der verpflichtenden Garantie aus – im Gegenzug könne man dafür auf die staatliche Prämie für das Produkt verzichten. Zudem sollten die beschränkten Anlagemöglichkeiten, wo die Verbände derzeit eine "patscherte Regelung" sehen, wesentlich verbreitert werden. "Das sind Themen, an denen wir dranbleiben werden", sagt Bednar. Nun erwartet er sich ein diesbezüglich besseres Gesprächsklima angesichts der "geänderten politischen Konstellation" in Österreich.

Eine im März durchgeführte Umfrage der Fondsverbände hat ergeben, dass 69 Prozent der Befragten nicht in Fonds investieren, da sie über zu wenig Wissen über das Produkt verfügen. Am zweithäufigsten wurde mit 45 Prozent zu wenig Kapital als Hinderungsgrund genannt – was Bednar ebenfalls auf fehlende Kenntnisse zurückführt, da etwa Fondssparen schon mit sehr geringen, monatlichen Beträgen möglich sei. "Das ist der Punkt, an dem wir ansetzen müssen", betont Bednar die Wichtig- keit von Finanzbildung. Eine Gelegenheit dafür bietet sich am Weltfondstag, dem 19. April, an dem man mit einem Informationsschwerpunkt an potenzielle Kunden herantreten will. "Und es gibt auch wirkliche Verkaufsaktionen", fügt der VÖIG-Präsident hinzu.

Weitere Zusammenlegungen

Von weiteren Zusammenlegungen in der Fondsbranche in Europa geht unterdessen Bernd May, Generalsekretär des Branchenverbands ausländischer Anbieter VAIÖ, aus. Denn während nur rund ein Drittel des globalen Fondsvolumens vom Alten Kontinent stamme, komme Europa bei der Anzahl an Produkten auf fast die Hälfte des weltweiten Angebots. Das ist aus seiner Sicht eine Spätfolge davon, dass die Branche früher stärker auf nationale Märkte aufgesplittet gewesen sei. "Wir sehen eine Konzentration in der Industrie und gehen davon aus, dass die Fonds in Europa künftig größer werden", sagt May. (aha, 13.4.2018)