Fordert mehr, als Strache geben will: SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek.

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Wien – Donnerstagfrüh hat FPÖ-Chef Vizekanzler Heinz-Christian Strache seine Ankündigung präzisiert, dass Menschen, die 40 Jahre Pensionsbeiträge geleistet haben, eine Mindestpension von 1.200 Euro netto bekommen sollen – was einer Bruttopension von über 1.300 Euro entsprechen würde. Für Verheiratete solle der Betrag auf 1.500 Euro angehoben werden – und das alles im kommenden Jahr in Kraft treten.

Strache sprach im Ö1-"Morgenjournal" von 909 Euro Richtsatz "unter der rot-schwarzen Regierung" – dies betreffe über 40.000 Personen und sei "ungerecht".

Allerdings wurde noch unter jener rot-schwarzen Regierung unter dem Titel "Ausgleichszulage plus" der Mindestbezug für Personen mit 360 Beitragsmonaten "aufgrund einer Pflichtversicherung" auf 1.022 Euro angehoben, wie die SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek die Aussagen des Vizekanzlers umgehend korrigierte.

Das hat etwa 23.000 Personen eine höhere Pension gebracht und 30 Millionen Euro gekostet. Heinisch-Hosek weiter: "Die Ankündigung des Herrn Vizekanzlers hören wir wohl, aber sie hat einen Haken."

Und dieser bestehe darin, dass besonders Frauen kaum auf 40 beitragsgedeckte Versicherungsjahre kommen. Die Rechnung der ehemaligen Unterrichtsministerin sieht so aus: Wenn eine junge Frau mit 15 eine Lehre begonnen habe und 40 Beitragsjahre zur von Strache angepeilten Mindestpension von 1.200 Euro brauche, dann gingen sich beim derzeit noch geltenden Pensionsalter von 60 Jahren gerade fünf Jahre für durch Familienpflichten oder Arbeitslosigkeit bedingte Unterbrechungen aus. Da könne kaum eine Frau 40 Beitragsjahre erreichen – "und wir müssen vor allem auf ältere Frauen schauen, die kurz vor der Pensionierung stehen".

Fehlende Beitragsjahre

Diese könnten die fehlenden Beitragsjahre kaum aufholen und hätten auch keine Chance auf eine gut bezahlte Arbeit in ihren letzten Arbeitsjahren – da bekomme man oft nur Teilzeitarbeitsplätze angeboten, was auch nur ein geringes pensionsversichertes Einkommen ergeben würde.

Dem Einwand, dass vor allem Frauen kaum auf 40 Beitragsjahre kämen, begegnet Strache mit dem Hinweis, dass die von der Regierung angepeilten Änderungen im Pensionssystem "natürlich dort anzusetzen haben, wo Menschen über 30 Jahre gearbeitet haben."

Der SPÖ ist das zu wenig

Heinisch-Hosek kündigte den "Strache-Test" an – als stellvertretende Klubobfrau will sie Straches Forderungen kommende Woche im Parlament einbringen, um zu sehen, ob die FPÖ-Abgeordneten den Vorschlägen ihres eigenen Obmanns folgen würden.

Die SPÖ-Linie lautet dabei, dass auch Kinderbetreuung Arbeit darstelle und bei der Pensionsberechnung als Versicherungszeit berücksichtigt werden müsse. Das würde rund 20.000 Personen eine höhere Mindestpension bringen, der Strache-Vorschlag nur 10.000. Und leistbar wären Zusatzkosten von weiteren 30 Millionen gegenüber der Regierungsplänen sowieso, weil der Bund bei den Pensionen bereits 7,5 Milliarden weniger ausgeben müsse als geplant.

FPÖ bringt Seitenhieb auf Wirtschaftsflüchtlinge an

Die FPÖ findet die Forderung von SP-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek nach einem leichteren Zugang für Frauen zur höheren Mindestpension "scheinheilig". Für FP-Klubchef Johann Gudenus "ist zu hinterfragen, warum es dann nicht schon seit Jahren eine angehobene Mindestpension für unsere ältere Generation gibt. Oder war es der SPÖ wichtiger, Wirtschaftsflüchtlinge auf Kosten der Steuerzahler durchzufüttern?"

Die Sozialsprecherin der Liste Pilz, Daniela Holzinger, lobt Straches Pläne als einen der wenigen Lichtblicke in den Vorhaben der Koalition, sieht sie aber nur als Minimalprogramm: "Wer 40 Jahre gearbeitet hat, soll im Alter keine Not leiden müssen – das ist für mich der mindeste Anspruch, den wir auch als Gesellschaft sicherzustellen haben. Die vorgeschlagenen 1.200 Euro netto, erscheinen dafür aktuell angemessen und sind jedenfalls durch eine automatische Inflationsanpassung nach unten hin abzusichern."

Neos kritisieren Umverteilung

Die Neos halten von alledem nichts und fordern eine umfassende Pensionsreform: Eine Mindestpensionserhöhung ohne Gesamtkonzept bedrohe die Pensionen der nächsten Generationen. Neos-Abgeordneter Gerald Loacker findet die Umverteilungswirkung, die SPÖ und FPÖ anstreben, unfair: "Wer 40 Jahre lang in Vollzeit durchschnittlich 1.700 Euro verdient hat, bekommt dann gleich viel wie jemand, der 40 Jahre lang nur Teilzeit gearbeitet hat und 500 oder 1.000 Euro verdient hat." Ein weiterer problematischer Aspekt ist der Kreis der Bezugsberechtigten des Strache-Plans: "Es liegt auf der Hand, dass diese Leistung jedenfalls innerhalb der EU exportierbar sein wird. Auch Erwerbszeiten in Rumänien, Bulgarien oder der Slowakei sind auf diese 40 Jahre anzurechnen." (cs, APA, 13.4.2018)