Wien – "Insgeheim habe ich immer das Gefühl gehabt, nicht vollkommen 'echt' zu sein. So etwas wie eine gut gemachte Fälschung. Ich glaube, jeder Mensch fühlt das von Zeit zu Zeit. Aber in meinem Fall geht das so weit, dass ich manchmal denke, ich sei nur ein Kunstprodukt."

Diese Äußerungen stammen von Marilyn Monroe, sie bilden das Thema jener "Oper", die die Volksoper Wien nun als europäische Erstaufführung ins Kasino am Schwarzenbergplatz brachte.

Männerfantasien

Poetische Texte, wie sie die Schriftstellerin Marilyn Bowering bereits vor 30 Jahren dem Menschen hinter der Kulturfigur in den Mund legte, stehen im Mittelpunkt ihres Librettos, das ausgehend von der Todesnacht im August 1962 eine Folge von Rückblenden aufrollt.

Bravouröse Tonlagenwechsel: Rebecca Nelsen als Marilyn.
Foto: Johannes Ifkovits

Das Bühnenbild von Jörg Brombacher setzt ganz auf die Ikone, zeigt zum einen eine Skulptur der notorischen Filmszene über dem New Yorker Lüftungsschacht, zum anderen ein Foto der Protagonistin des Stücks – und begnügt sich ansonsten mit einem reduzierten Ambiente aus Wohnzimmer, Bar und Bett.

Sechs junge Herren aus dem Jugendchor umgarnen die fleischgewordene Männerfantasie ebenso wie der souveräne Morten Frank Larsen in verschiedenen Rollen, als Regisseur, Produzent, Ehemann Arthur Miller und so weiter.

Keine Spannung

Die Regie von Christoph Zauner bemüht sich um Klarheit, doch echte Spannung entlockt sie dem Stoff nicht. Dem hat schon Komponist Gavin Bryars erfolgreich einen Riegel vorgeschoben.

Er stellt ein unverbindlich vor sich hinplätscherndes "Jazztrio" mit Saxofon, Klavier und Bass in den Mittelpunkt und lässt das von Dirigent Wolfram-Maria Märtig tadellos gesteuerte "Orchester" aus acht Soloinstrumenten vor allem traurige, langgezogene postromantische Streicherkantilenen spielen, die er neben repetitive Muster stellt, die irgendwie die Mittel der Minimal Music imitieren.

Die Gesangsparts sind ebenso bunt durchmischt und doch etwas eintönig – keine leichte Aufgabe für "Marilyn" Rebecca Nelsen, die bravourös zwischen freitonalen Fragmenten und Poppigem wechselt, dabei jedoch etwas kühl wirkt.

Die Ankündigung der Volksoper, einmal jährlich zeitgenössisches Musiktheater herauszubringen, ist mit Marilyn Forever einigermaßen kreativ umgesetzt. Als "Oper" lässt sich das Stück nur mit einer sehr großzügigen Definition bezeichnen – es wirkt eher wie eine gut gemachte Fälschung. (Daniel Ender, 16.4.2018)