Das aktuelle Heft mit einer Auswahl von Stickern oder Pickerln, wie man in Österreich sagt, oder Bildli, wie es in der Schweiz heißt.

Foto: Heidi Seywald

Wien – Für den (derzeit noch verletzten) Rapid-Spieler Christopher Dibon war es Liebe auf den ersten Blick: Er kannte das Tschutti-Heftli, das 2008 in der Schweiz entstandene alternative Sammelalbum, bisher nicht und sammelte nur Panini-Pickerln. "Ich werd jetzt natürlich umsteigen, weil es mir echt taugt", sagt Dibon im Schön 6 Gut in der Wiener Pressgasse bei der Präsentation des aktuellen Albums, mit dem man sich die Zeit bis zum Anpfiff von Russland gegen Saudi-Arabien am 14. Juni die Zeit vertreiben kann. Anders als herkömmliche Pickerlsammler, sammeln jene, die Tschutti-"Bildli" kleben, auch Kunst. 530 Sticker wurden von Künstlern und Illustratoren aus der ganzen Welt gestaltet.

Jury mit Pussy-Riot-Frontfrau

In der Jury, die diese Künstler auswählten, saßen unter anderem Pussy-Riot-Frontfrau Nadeschda Tolokonnikowa und der österreichische Comiczeichner Nicolas Mahler. Zu den ausgewählten Künstlern gehört auch der 13-jährige Enno Osten aus Wien, der in der Kategorie "U13 Allstars" zum Zug kam.

Die Spielerporträts können auch als Poster erworben werden.
Foto: Bernhard Wolf

Statt Fotos bekam jedes Team Porträts in einem anderen Stil: Die Spanier sehen aus wie von alten Meistern für die Ewigkeit festgehalten, etwas bunter sind die Deutschen gezeichnet, die Rumänen müssen alle als Vampirkarikaturen einlaufen, die Spieler aus dem Senegal holzschnittartig, und Ronaldo ist nicht ganz so schick, wie man ihn sonst kennt.

Was das Kleben aber gleich noch schöner macht: Das Geld für die eigene Sammelleidenschaft fließt nämlich in einen guten Zweck, denn verkauft werden die Alben um vier Euro und die Päckchen mit je zehn Stickern um 1,50 Euro vom Sozialunternehmen Job-Transfair, das sich um Menschen kümmert, die am Arbeitsmarkt benachteiligt sind. Andere karitative Partner sind etwa die Initiative Hunger auf Kunst und Kultur oder das Kinderhilfswerk Terre des Hommes Schweiz.

Idee "beim Bier am Abend" wurde Kult

In der Schweiz hat alles begonnen, wie sich Tschutti-Gründer und Vereinspräsident Silvan Glanzmann erinnert.

Tschutti-Präsident Silvan Glanzmann bei der Präsentation des neuen Albums in Wien.
Foto: Bernhard Wolf

"Eine Idee bei einem Bier am Abend" war das 2008, gedacht nur für den Freundeskreis in Luzern, so Glanzmann. Die Erfolgsgeschichte hat ihn selbst überrascht: In den letzten Jahren wurden bereits 16 Millionen "Bildli", wie der Schweizer zu den Pickerln sagt, verkauft. Tschutti kommt übrigens von "tschutten", was die Schweizer vom englischen "to shoot" ableiten – gemeint ist also einfach kicken. Verkaufsstellen in Österreich gibt es derzeit in Wien, Graz, Amstetten und Linz – etwa in Museumsshops, Buchhandlungen, sozialökonomischen Betrieben, aber auch im Wiener Käsewarengeschäft "Der Schweizer" oder im Grazer Gasthaus Marschallhof. Die Liste der Vertriebspartner kann man auf der Seite der Kümmerei nachlesen. (Colette M. Schmidt, 16.4.2018)