Von gemeinnützigen Bauträgern wird zwar viel gebaut, die Nachfrage steigt aber stärker als das Angebot.

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Eins zu drei – so steht es in österreichischen Ballungsräumen derzeit um das Verhältnis von geförderten Mietwohnungen zu neuen Haushalten. Kam in der Vergangenheit auf zwei zusätzliche Haushalte eine geförderte Mietwohnung, so liegt der Anteil heute nur mehr bei 37 Prozent. "In Ballungsräumen haben wir einen rapiden Zuwachs, die Nachfrage nach leistbarem Wohnraum ist sehr hoch", sagt Karl Wurm, Obmann des Verbands Gemeinnütziger Bauvereinigung. Insgesamt sei das derzeit eine Lücke von 7.000 Wohnungen, die nicht gebaut werden.

17.100 Wohneinheiten im Jahr 2017

Auch die hohe Bauleistung könne daran nichts ändern, so die Experten. Und die war im letzten Jahr auch bei den Gemeinnützigen recht hoch: 17.100 Wohnungen wurden im Jahr 2017 an neue Bewohner übergeben – insgesamt eine Steigerung der Bauleistung um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch für das aktuelle Jahr rechnet Wurm mit rund 17.000 Fertigstellungen, 30.600 Wohnungen befanden sich Anfang des Jahres in Bau – 4.000 mehr als noch vor einem Jahr. 2019 sollen sogar 17.300 Wohnungen übergeben werden.

Abgesehen von Kärnten und Oberösterreich konnten auch alle Bundesländer ihre Bauleistung im gemeinnützigen Wohnbau steigern. Besonders kontinuierlich ist der Zuwachs in Niederösterreich. Gab es dort im Jahr 2010 noch 2.500 fertige Wohnungen, waren ist im Vorjahr bereits 4.400. In Wien gab es im Vorjahr 4.200 Wohnungsübergaben; für das Jahr 2019 hoffen die Gemeinnützigen, in der Bundeshauptstadt wieder die 5.000er-Marke zu überschreiten.

Klimaziele umsetzen

Auch in puncto Sanierungen konnten die Gemeinnützigen die angestrebte Rate von drei Prozent im Vorjahr teilweise sogar übertreffen, bestätigt der stellvertretende Verbandsobmann Alfred Graf. Besonders stolz ist er auf den Beitrag der Gemeinnützigen an der Umsetzung der Klimaziele. Die gemeinnützigen Wohnungen haben mit rund 65 Prozent den höchsten Anteil von an Fernwärme angeschlossenen Wohnungen und mit nur 27 Prozent den geringsten Anteil an mit fossilen Brennstoffen bzw. Strom geheizten Wohnungen. "Die Treibhausgasemissionen sind 2016 laut Umweltbundesamt im Gebäudesektor um 37,2 Prozent zurückgegangen. Ganz wesentlich dazu beigetragen haben die Sanierungen im gemeinnützigen Sektor", ist Wurm sicher.

Umso skeptischer sieht er die Pläne der neuen Regierung, die Menschen "mit gutem Zureden", wie Wurm es nennt, also ohne Verbote und Zwang, zum Ausstieg aus der fossilen Energie beim Heizen zu bringen. "Mit der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) hätte man ein gutes Instrument in der Hand und die Chance, günstige Anreize zu setzen, denn ohne finanzielle Anreize wird es nicht funktionieren. Leider wollen weder die Regierung noch die Länder Haftungen für die WBIB übernehmen", so Wurm.

Zudem erschweren derzeit hohe Baukosten durch eine überhitzte Baukonjunktur die Errichtung von leistbarem Wohnbau. "Es ist heute fast schon ein Glücksspiel, ob eine Baufirma einen Auftrag annimmt. Sie machen derzeit fast nur einfache Projekte", sagt Wurm. Vor allem denkmalgeschützte oder auch herkömmliche Sanierungen würden fast nicht mehr gemacht oder seien extrem teuer, "weil es so viel Neubau gibt", so Wurm.

Filz- statt Parkettboden

Früher oder später werde sich das auch auf die Mieter auswirken. Einerseits durch den Kostendruck beim Bau auf die Ausführungsqualität: "An grundlegenden Dingen wie der Statik kann man nichts mehr ändern, aber ein Parkettboden wird dann durch einen Filzboden ersetzt – zulasten der Nutzer", so Wurm. Und ganz generell könnten hohe Sanierungskosten auch die Wohnkosten nach oben treiben, weil Eigentümer die Kosten auf ihre Mieter abwälzen.

Zusätzlich wird leistbarer Wohnbau immer schwerer umsetzbar, weil die Grundpreise in den Ballungsräumen "durch die Decke gehen", so Wurm. Auch dadurch werde Wohnbau weiter in den freifinanzierten Bereich verlagert – "so lange, bis dort keine Abnehmer gefunden werden". Der Experte sieht eine "Leerstandsfalle" im frei finanzierten Wohnbau auf uns zukommen. "Denn es wird zwar immer weiter gebaut, die Löhne steigen aber nicht dementsprechend an."

"Nicht überall die selbe Qualität nötig"

Letztlich erschweren den Gemeinnützigen auch viele Normen und Richtlinien das kostengünstige Bauen. "Wir brauchen eine Billigschiene, bei der die Kunden wissen, was sie bekommen und was nicht. Aufgrund unserer Bauordnungen haben diese Gebäude natürlich dennoch eine hohe Qualität", sagt Wurm. Er glaubt, dass ähnlich wie im Sozialbereich Abstufungen möglich sein sollten – "es muss nicht überall die genau selbe Qualität drinnen sein". Graf ergänzt: "Diese Normen entsprechen zudem gar nicht immer den Bedürfnissen der Kunden. Es braucht nicht in jedem Raum eine Internetsteckdose, schon gar nicht in Zeiten von WLAN. Und meist reichen in einem gewöhnlichen Raum auch drei statt fünf Steckdosen." (Bernadette Redl, 17.4.2018)