Kein Verständnis für das Vorgehen der türkis-blauen Regierung hat SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner: "Elga wurde für die Patientensicherheit konzipiert, nicht als Forschungsregister."

Foto: APA/Punz

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein akzeptierte die Regierungsvorlage. Obwohl sie in der Vorwoche ankündigte, eine Ausnahme für Elga-Daten zu erwirken, passierte der Gesetzesentwurf den Ausschuss ohne Änderungen.

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Wien – Die Zahl jener Personen, die sich von der elektronischen Gesundheitsakte (Elga) abgemeldet haben, hat sich in den vergangenen beiden Wochen verdoppelt. Insgesamt nahmen seit der Elga-Einführung etwa 269.000 Menschen die Opt-out-Möglichkeit in Anspruch. Im Zweiwochenrhythmus werden die Abmeldungen erhoben. War der Anstieg in der Vergangenheit relativ stabil, gab es in den ersten beiden Aprilwochen 1.129 Abmeldungen (die Zahlen liegen dem STANDARD vor), unmittelbar davor waren es 528 Abmeldungen.

Grund für die Verdoppelung dürfte das Forschungsorganisationsgesetz sein, das am Montag den Forschungsausschuss passierte: Geht es nach der türkis-blauen Regierung, sollen Forschungseinrichtungen auf Registerdaten zugreifen können. Mittels Registerforschung arbeiten Wissenschafter mit statistischen und personenbezogenen Daten. Namen sollen laut Entwurf durch ein Personenkennzeichen ersetzt werden. Unter diese Daten fallen auch jene Informationen, die in der elektronischen Gesundheitsakte gespeichert sind.

Proteste folgten, SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner kritisierte das Vorgehen der Regierung im STANDARD-Gespräch scharf: "Elga wurde im Sinne der Patientensicherheit konzipiert, nicht als Forschungsregister".

Hartinger rudert mehrfach zurück

Zunächst war auch Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein mit dem Vorschlag von Verkehrs- und Forschungsminister Norbert Hofer nicht zufrieden und brachte eine kritische Stellungnahme ein. Im Ministerrat vergangene Woche stimmte sie dennoch zu, um kurz darauf festzuhalten: Elga-Daten werden eine Ausnahme darstellen. Dies ist aber nicht geschehen. Im Ausschuss am Montag war von den Einwänden der blauen Ministerin keine Rede mehr. Voraussetzung für die Freigabe der Elga-Daten ist aber weiterhin eine Verordnung, der auch der zuständige Minister zustimmen muss. Ob Hartinger-Klein das tun wird, ist unklar. Sie wollte sich am Dienstag laut APA auch nicht dazu äußern.

Franz Leisch, Geschäftsführer der Elga GmbH, kann noch nicht die Auswirkungen der medialen Debatte um das Forschungsorganisationsgesetz auf den Anstieg der Widerrufserklärungen abschätzen. Er verweist auf STANDARD-Nachfrage darauf, dass Abmeldungen über den Postweg erfolgen, das würde dauern. Die 269.000 Opt-out-Erklärungen seien in Relation zu setzen, das entspreche drei Prozent der Bevölkerung.

"Versprechen gebrochen"

Die ehemalige Gesundheitsministerin und nunmehrige Abgeordnete Rendi-Wagner kann die Zweifel der Bevölkerung nachvollziehen. Sie fürchtet eine Vertrauenskrise. Es sei ein langer Weg gewesen, die Menschen von Elga zu überzeugen, erklärt Rendi-Wagner. Die in Elga gespeicherten Daten seien hochsensibel: "Das Versprechen, diese zu schützen, wurde nun von der Gesundheitsministerin gebrochen."

Laut jüngstem Entwurf kann Forschungsminister Hofer per Bescheid definieren, welche Einrichtungen fünf Jahre lang Forschung mit den öffentlichen Registerdaten betreiben dürfen. Für Rendi-Wagner ist das alarmierend. Zum aktuellen Zeitpunkt sei es nicht sinnvoll, dass Forschung mit Elga-Daten betrieben werde. Das primäre Ziel sei, die Gesundheitsvorsorge zu verbessern, indem unnötige Mehrfachuntersuchungen verhindert werden und verschriebene Medikamente auf Wechselwirkungen überprüft werden. "Dieses Ziel wurde von der Regierung verlassen", so die rote Gesundheitssprecherin.

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) glaubt nicht, dass der Zugriff auf Elga für die Forschung ermöglicht werde. "So wie das ausschaut, wird Elga in der derzeitigen Situation mit Sicherheit nicht freigeben werden", sagte Faßmann am Dienstag. Das Bild, dass nun alles offen sei, sei aber falsch. (Marie-Theres Egyed, 17.4.2018)