Eine Auswahl des Plastikmaterials, das die Forscher an der Meeresoberfläche der Adria aufgesammelt haben.

Foto: Maria Pinto

Wien – Innerhalb von 17 Jahren hat sich die Plastikproduktion von rund 140 Millionen Tonnen im Jahr 2000 auf 300 Millionen Tonnen im Jahr 2017 mehr als verdoppelt. Eine große Menge davon landet in der Umwelt und damit auch im Meer. Schätzungen zufolge schwimmen an der Wasseroberfläche der Ozeane rund 250.000 Tonnen an Plastik: Von großen Plastikfolien, PET-Flaschen, bis zu Mikroplastik – kleinste Plastikteilchen, die sich auch in Kosmetika finden.

Die häufigsten Plastikmaterialien, die im Meer an der Wasseroberfläche treiben, sind Polyethylen und Polypropylen. Praktisch alle Plastikmaterialien sind mit Zusatzstoffen versetzt, die vorwiegend als Weichmacher dienen. An der Meeresoberfläche treibendes Plastik ist dem ultravioletten Licht der Sonne ausgesetzt und wird von Bakterien und Algen besiedelt – dadurch bildet sich ein sogenannter Biofilm auf dem Kunststoff.

Mikroben gedeihen auf Plastik

Forscher der Uni Wien widmeten sich der Frage, welchen Einfluss die Sonneneinstrahlung auf das Plastik sowie die darin enthaltenen Inhaltsstoffe hat und wie die Freisetzung des mikrobiellen Biofilms auf die Aktivität der Mikroben im Meer wirkt.

Das Ergebnis der Untersuchung: Die etwa 10 Millionen Tonnen Plastik, die jährlich im Meer landen, geben rund 23.600 Tonnen an gelösten organischen Verbindungen ins Wasser ab. In den Experimenten nahmen die Bakterien innerhalb von fünf Tagen etwa 60 Prozent der gelösten organischen Verbindungen aus dem Plastik auf, wodurch die Aktivität der Mikroben stimuliert wurde.

Allerdings zeigte sich, dass diese Aktivität durch Sonneneinstrahlung wieder reduziert wird. "Die UV-Strahlung führt offenbar zu strukturellen Veränderungen der sich aus dem Plastik lösenden organischen Verbindungen, sodass Bakterien diese weniger effizient aufnehmen können", erklärt Studienleiter Gerhard Herndl.

Futter für die Bakterien

Zunehmende Verschmutzung verändert KohlenstoffkreislaufAktuelle Prognosen weisen darauf hin, dass sich die Verschmutzung durch Plastik in den Meeren in den kommenden zehn Jahren verzehnfachen wird. Damit geht auch eine drastische Zunahme von organischem Material einher, das sich aus dem Plastik löst und damit die Aktivität der Bakterien anregt. "Das führt dazu, dass sich der natürliche Kohlenstoffkreislauf im Meer verändert, nicht nur jener an der Basis des marinen Nahrungsnetzes", prognostiziert Herndl. (red, 18.4.2018)