"Es ist zumindest ein spannender Gedanke, einen Staat wie ein Unternehmen zu führen", meinte Sebastian Kurz einst in einem STANDARD-Interview. Eine These von ähnlicher Qualität wie "es ist zumindest ein spannender Gedanke, einen Schuh wie einen Hut zu tragen oder ein Auto wie ein Einkaufswagerl zu fahren", aber vielleicht hat Kurz ja visionär an eine Form von staatlicher Business-Kreativität gedacht, über die wir dieser Tage staunen dürfen.

Bei dem Geschäftsmodell wird Arbeitsverweigerung zur Einnahmequelle. Vorgeführt haben uns das ein paar Hundert niederösterreichische Gemeinden, die auf Anfrage der Bürgerrechtsorganisation Forum Informationsfreiheit, wie vielen Personen bei den Landtagswahlen das Wahlrecht aberkannt wurde, nicht nur die Antwort verweigerten, sondern auch Erlagscheine schickten, laut denen für das bloße Nachfragen 14,30 Euro Gebühr binnen 14 Tagen zu entrichten sei, andernfalls drohe eine Strafe. Also so, als würde man bei einem Arzt keinen Termin, aber dafür eine Rechnung für das Danach-Fragen bekommen.

Perfekt in dieses Sittenbild völlig entfesselter Bürgerverarschung passt die Meldung, wonach in Niederösterreich die von ÖVP mit SPÖ und FPÖ beschlossenen Arbeitsübereinkommen einer Verschwiegenheitsklausel unterliegen. Es wird dort also nicht nur verheimlicht, wie viele Wähler nicht wählen durften. Es bleibt auch geheim, was jene, die gewählt haben, mit ihrer Stimme bewirkt haben.

Trotzdem sollte man dieses Bundesland nicht als einzigartigen Darkroom der österreichischen Demokratie bezeichnen, denn auch die anderen können da mithalten. Die Rechercheplattform Addendum wollte von allen österreichischen Gemeinden wissen, welche Sport- und Kulturförderungen diese vergeben – eine Information, die laut Gesetz von den Gemeinden längst an die staatliche Transparenzdatenbank gemeldet sein müsste, was aber so gut wie nie passiert. Trotz der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Auskunftspflicht wurde die Anfrage von den meisten ignoriert oder den Fragestellern auch hier, statt einer Antwort, eine Rechnung geschickt. Immerhin gab es einige bemerkenswerte Rückmeldungen. So schrieb ein ÖVP-Bürgermeister: "Was geht euch dass (sic!) an. Auskunftspflicht könnt ihr auch vergessen."

Und hier wird die Sache für den Bundeskanzler interessant, denn der Nährboden sich in solchen Äußerungen zeigender Gesinnung ist eine Realität, deren Leugnung die größte Lebenslüge unserer Bundesregierung sein dürfte. Vielleicht findet sich ja ein Landeshauptmann, der das mit ähnlicher Offenheit wie der schwarze Bürgermeister auf den Punkt bringt:

"Lieber Sebastian! Was geht dich mein Bundesland an? Föderalismusreform kannst du auch vergessen. Hoffe, der Moser hat noch sein Sackerl, in dem die illegale Parteispende vom Turnauer drin war. In das kann er nämlich seine Pläne hineinreden und mir vor die Tür stellen. Ob du den Staat wie ein Unternehmen führen willst, ist mir komplett wurscht, weil es mit jeder Landtagswahl alternativloser wird, dass in Österreich nur das passiert, was uns Landeshauptleuten passt. Let's face it: Bei deinem Slogan 'Zeit für Veränderung' hast du ein 'l' vergessen." (Florian Scheuba, 18.4.2018)