Wien – Der türkische Moscheeverein Atib, der zuletzt mit Kriegsspielen mit Kindern in den Schlagzeilen geraten ist, betreibt indirekt auch Kindergärten. Im Vorjahr hat er von der Stadt Wien dafür zumindest 227.000 Euro an Förderung bekommen. Träger der Kindergärten ist nicht Atib selbst, sondern das "Bildungs- und Forschungsinstitut Notka", eine Art Unterverein des Dachverbands Atib.

Obmann dieses Instituts ist Yasar Ersoy, der bei Atib tätig ist und dort als Kontaktperson für die Presse genannt wird. Ersoy ist auch Sekretär des "Zentrums für Soziale Unterstützung in Österreich (ZSU)". Dieser Verein ist zusammen mit Atib (Türkisch-Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich) Eigentümer der "Atib Union GmbH".

Im Büro des für Kindergärten zuständigen Stadtrats Jürgen Czernohorszky (SPÖ) wies man auf APA-Anfrage darauf hin, dass Atib "keine Kindergärten als Träger" betreibe. Es gebe einen Träger, von dem die Stadt wisse, dass Vertreter von Atib im Vorstand sitzen. Und das sei der Verein Nokta, der den Kindergarten "Marienkäfer" betreibt. Der Kindergarten werde laufend kontrolliert und sei bisher nicht auffällig geworden, versicherte eine Sprecherin von Czernohorszky. Insgesamt gebe die Stadt 360 Millionen Euro pro Jahr für die Förderung von privaten Kindergärten aus, 227.000 Euro davon eben für "Marienkäfer".

Dezentrale Bezirksförderung

Förderungen sind aber nicht nur für Kindergärten geflossen, sondern auch an Atib direkt, wie der APA vorliegende Zahlen zeigen. Die "Türkisch Islamische Union" und das "Katib Kultur Zentrum" haben in den Jahren 2013 bis 2017 rund 30.000 Euro an dezentraler Bezirksförderung bekommen.

Wie viel Fördergeld Atib und seine vielen Vereine österreichweit bekommen haben, ist nicht feststellbar, da Förderungen auf Landes- und Gemeindeebene mangels Transparenz nirgends vollständig aufscheinen. Die seit Jahren geplante Transparenzdatenbank wird noch immer nicht mit entsprechenden Daten befüllt. Auf Bundesebene sind, soweit bisher bekannt, keine Förderungen geflossen.

Die Wiener ÖVP und FPÖ übten am Donnerstag scharfe Kritik an der Stadtregierung und forderten ein Ende der Förderungen für Atib-Kindergärten. "Rot-Grün muss die Förderung von bedenklichen islamistischen Vereinen und Kindergärten auf der Stelle beenden. Die Stadtregierung hat jahrelang die Augen vor diesen Problemen verschlossen. Wir sagen: null Toleranz gegenüber Islamismus und Intoleranz gegenüber unseren rechtsstaatlichen Werten. Die Entwicklung von Parallelgesellschaften in Wien muss gestoppt werden", sagte der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch (ÖVP) in einer Aussendung. Er forderte eine massive Verstärkung der Kontrollen sowie eine sofortige Streichung aller Förderungen einschlägiger Organisationen und Bildungseinrichtungen.

Kultusminister will Aufklärung

Der für die Glaubensgemeinschaften zuständige Kultusminister Gernot Blümel (ÖVP) stellt der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) ein Ultimatum, berichtete der "Kurier" am Donnerstag. Bis zum 27. April soll sie die Bundesregierung umfassend darüber unterrichten, was in der Wiener Atib-Moschee in der Dammstraße vorgefallen war.

In welcher Form dieses Ultimatum übermittelt wurde und was als Konsequenz bei Nichterfüllung droht, blieb offen. Jedenfalls wurden die Beamten des Kultusamts im Bundeskanzleramt beauftragt, die Vorfälle rund um Kriegsspiele mit Kindern und den Verein zu überprüfen und Einvernahmen zu beginnen.

Blümel will unter anderem erfahren, welche Schritte die IGGÖ gesetzt hat und was geplant ist, um nationalistisch-militaristische Veranstaltungen in Gemeinschaften und Einrichtungen, die ihrer Verantwortung unterstehen, zu verhindern. Der Minister will zudem alle Atib-Moscheen auf ähnliche Ereignisse überprüfen lassen. Dazu sollen Beteiligte auch einvernommen werden.

Die ersten Vorladungen werden laut dem "Kurier"-Bericht unmittelbar ausgefolgt und sind für die kommende Woche vorgesehen. Die Möglichkeit der zwangsweisen Vorführung im Falle des Nichterscheinens wird in der Rechtsmittelbelehrung angekündigt. Das Kultusamt geht von "zumindest 30 und bis zu 50 Personen aus", die zur Befragung geladen werden – von den Moscheen bis zu Vereinsfunktionären. (APA, 19.4.2018)