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Getrennt: Präsident Soroonbaj Scheenbekow, Premier Sapar Isakow.

Foto: REUTERS/Vladimir Pirogov

Bischkek/Moskau – In der zentralasiatischen GUS-Republik Kirgisistan ist eine politische Krise ausgebrochen, die doch als positives Signal für die Demokratie gesehen werden kann: Die Regierung stürzte am Donnerstag über ein Misstrauensvotum im Parlament und wurde anschließend von Präsident Soroonbaj Scheenbekow abberufen.

Am Ende sprachen 101 der 120 Abgeordneten Premier Sapar Isakow und seinem Kabinett das Misstrauen aus. Der Versuch von Parlamentschef Dastan Dschumabekow, die Abstimmung zu verhindern, scheiterte. Es ist das erste Mal in Kirgisistan und Zentralasien überhaupt, dass eine Regierung durch ein Misstrauensvotum des Parlaments zu Fall kommt. Dabei war die Regierung erst seit vergangenem August im Amt.

"Grund waren die vielen Fehler des Ministerkabinetts, vor allem bei der Umsetzung wichtiger Projekte", sagte der Abgeordnete Ishak Massalijew von der Oppositionspartei Progress.

Machtkampf

Der russische Zentralasien-Experte Arkadi Dubnow verortet den Konflikt auf einer höheren Ebene. Er spricht von einem Machtkampf zwischen dem amtierenden Präsidenten und seinem Vorgänger Almasbek Atambajew. Eigentlich galten Atambajew und Scheenbekow als Tandem. Der 61-jährige Atambajew hatte seinem drei Jahre jüngeren Nachfolger erst im Herbst zum Wahlsieg verholfen.

Doch Atambajew hat seine Rolle in der kirgisischen Politik überschätzt, er wollte auch nach seinem Rücktritt der politische Übervater Kirgisistans bleiben, sagte Dubnow dem STANDARD. Der Konflikt ging so weit, dass Scheenbekow, als er über Korruption in den Rechtsorganen klagte, von seinem Vorgänger nicht nur kritisiert, sondern brüskiert wurde. Ein Affront, den der Präsident nicht auf sich sitzen ließ. Zuletzt wurden Gefolgsleute Atambajews von Posten entfernt. Da sich auch Premier Isakow in dem Machtkampf auf der Seite des Altpräsidenten positionierte, musste er gehen.

Atambajews Sozialdemokratische Partei Kirgisistans hat sich derweil in dem Konflikt gespalten. Mehr als ein Dutzend Abgeordnete sagten sich vom Expräsidenten los. Laut Dubnow sind vorgezogene Parlamentswahlen nicht ausgeschlossen. Scheenbekow werde aber wohl versuchen, eine neue stabile Mehrheit im bestehenden Parlament zu bilden. Außenpolitisch wird sich wenig ändern. Sowohl Atambajew als auch Scheenbekow gelten als prorussisch orientiert. Ein gutes Verhältnis zu Moskau ist aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen wichtig. (André Ballin, 19.4.2018)