Der in der Schiffsschraube ums Leben gekommene Mann konnte erst am nächsten Morgen geborgen werden.

Foto: APA / ÖWR Velden

Klagenfurt – Wer hat den Rückwärtsgang eingelegt? Das ist in diesem gleichsam rätselhaften wie schaurigen Kriminalfall, der sich im Juni des Vorjahres auf dem Wörthersee zugetragen hat, die wohl letzte, entscheidende Frage. Auch am zweiten Tag des Prozesses kam das Gericht in Klagenfurt am Donnerstag in diesem Punkt keinen Schritt weiter.

Der Anwalt des hauptangeklagten Managers aus Niederösterreich, der das Boot gelenkt hatte, bemerkt in einer Verhandlungspause, auch er habe keine Erklärung. Die Staatsanwaltschaft wirft seinem Mandanten grob fahrlässige Tötung vor. Bei einem riskanten Drehmanöver sei einer der drei Freunde, die an Bord waren, aus dem Sportboot geschleudert worden. Es muss fast zeitgleich gewesen sein, dass jemand den Hebel auf Retour riss.

Die Konsequenz der kurzen Rückwärtsfahrt schildert Gerichtsmediziner Wolfgang Tributsch in aller Deutlichkeit. Das Opfer gerät mit dem Kopf – die Bootsinsassen hörten eine "Rumpler" – in die Schiffsschraube. Tributsch verliest das Obduktionsergebnis: Schädelzertrümmerung, "Ausschleudern der Hirnmasse und vollständige Enthirnung, teilweise Enthauptung."

Bei vollem Bewusstsein in den Propeller

Der angeklagte Unternehmer, im dunkelblauen Anzug plus Krawatte, hört den Ausführungen ohne merkliche Gemütsregung zu. Sein, wie er am ersten Verhandlungstag gemeint hatte, "allerbester Freund" hat laut Aussage des Mediziners noch gelebt, ehe er in die Schraube gezogen wurde.

Er sei bei vollem Bewusstsein in den Propeller geraten. Zuerst mit den Händen, als er auftauchen wollte, dann sei in Bruchteilen einer Sekunde der Kopf "scheibenweise weggefräst" worden. Des Gerichtsmediziners Fazit: Wäre der 44-jährige Mann aus Niederösterreich nicht in die Schiffsschraube gekommen, hätte er wohl aus dem Wasser gefischt werden können und aller Wahrscheinlichkeit nach überlebt.

Boot fuhr rückwärts

Dass das Boot tatsächlich rückwärts fuhr, steht mittlerweile außer Zweifel. Mehrere Zeugen hörten ein "Aufheulen" des Bootsmotors. "Das woar, wie wennst mit ana Maschin' Vollgas gibst", sagt ein Klagenfurter, der am Ufer den Vorfall beobachtet hatte.

Wer aber hat nun den Rückwärtsgang eingelegt? Der angeklagte Medienmanager beharrt darauf, dass er es jedenfalls nicht gewesen sein kann, zumal auch er ins Wasser gefallen sei. Dass er im Wasser geschwommen sei, bestätigen etliche Zeugen – nicht aber das Hineinfallen, das will niemand beobachtet haben.

Späteres Opfer griff ins Steuer

Der Unternehmer gibt an, das spätere Opfer habe ihm während einer Rechtskurve massiv ins Steuer gegriffen, wodurch es zu dem Unfall kam. Das wiederum will keiner aus der alkoholisierten Bootsrunde wahrgenommen haben. Er sei jedenfalls rausgeschleudert worden und habe keine Ahnung, was weiter an Bord vorgefallen sei.

Die beiden anderen Freunde des Angeklagten, die hinten saßen, können sich an kaum etwas erinnern. Der junge Bootsführer wurde auf den Boden des Bootes geschleudert. Der mitangeklagte Bootsführer, der keinen Alkohol konsumierte, hätte, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, eigentlich aufpassen müssen, dass nichts passiert.

Der Bootsvermieter hatte ihn als Verantwortlichen mitgeschickt. Dieser hatte bei seinen Stammkunden an sich keine Bedenken, bis ihn sein Bootsführer anrief: "Scheiße, der Mandi ist weg, der Mandi ist weg."

Der Prozess wurde vertagt. (Walter Müller, 19.4.2018)