Protest gegen den Bundestrojaner.

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DER STANDARD

Gleich zwei umstrittene Gesetzesvorlagen sollen am Freitag den Nationalrat passieren. Das Sicherheitspaket der Regierung erweitert die Überwachungsmöglichkeiten der Behörden, das Datenschutzpaket erleichtert die Weitergabe von persönlichen Daten an Wissenschaft und Unternehmen. Dazu wird der U-Ausschuss zur Verfassungsschutzaffäre auf den Weg gebracht.

Bundestrojaner und Co

Größter Gesetzesbeschluss ist das Sicherheitspaket, das der Polizei Zugriff auf einen Großteil der Überwachungskameras im öffentlichen Raum gibt, anonyme Wertkartenhandys verbietet, einen Bundestrojaner ermöglicht und eine Art Vorratsdatenspeicherung light etabliert. Beim Datenschutzpaket ist vor allem umstritten, dass auch Daten der elektronischen Gesundheitsakte (Elga) weitergegeben werden können, wenn das nicht von der zuständigen Ministerin ausgeschlossen wird.

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Die SPÖ protestierte am Freitagvormittag vor dem Parlament gegen das Überwachungspaket. Abgeordnete hängten eine Wäscheleine mit intimen Gegenständen wie Unterwäsche und Privatfotos auf und forderten auf Plakaten "ein Privatleben ohne Kickl".

Die neuen Überwachungsmaßnahmen eröffneten die Möglichkeit zum Datenmissbrauch, warnte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim. "Ich denke, dass derzeit noch niemand erkennt, welches unheimliche Gefährdungspotenzial die Bestrebung der Regierung für die Bevölkerung darstellt, ohne dass der Vorteil des Bundestrojaners jene Wirkung einer ordentlich ausgestatteten Polizei mit ausreichendem Personal übertreffen würde."

Die Abgeordnete Petra Bayr kritisierte: "Dieses Überwachungspaket ist vergleichbar mit einem Polizisten, der mit seiner Dienstpistole nicht trifft und daher mit einem Maschinengewehr ausgestattet wird. Diese Gesetzesnovelle bringt nicht mehr Sicherheit, sie ist nicht, wie von der Regierung angekündigt, ein Leuchtturmprojekt, sondern ein schwarz-blaues Grablicht am Grab von Demokratie und Grundfreiheiten."

Datengesetz bringt Daten-Weitergabe für Forschung

Dass auch ELGA-Daten weitergegeben werden können, sorgt schon seit Tagen für Unmut. SP-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner sieht darin eine Verunsicherung von Patienten und Ärzten in einem höchst sensiblen Bereich.

Die Koalition wiegelte ab und versichert, dass die ELGA-Daten nur anonymisiert und ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken weitergegeben werden dürften. Freilich wurde dies nicht gesetzlich determiniert, sondern bloß über einen unverbindlichen Entschließungsantrag, der nicht mehr als eine Handlungsempfehlung an die zuständige Ministerin ist. Immerhin ist soundso festgelegt, dass das Ministerium der Datenweitergabe zustimmen muss.

Für die NEOS stellte deren Wissenschaftssprecherin Claudia Gamon klar, dass ihre Fraktion die Erleichterung des Zugangs zu Daten für Forschungszwecke inhaltlich voll teile. Es werde nur in der Gesetzesvorlage kein hohes Datenschutz-Niveau garantiert. Daher sei es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis das Gesetz vor dem EuGH lande. Würden dort die entsprechenden Regelungen aufgehoben, hätte das für die Forscher unabsehbare Folgen.

Ebenfalls hart ins Gericht mit dem Paket ging Liste Pilz-Mandatar Alfred Noll, der einen "ordentlichen Pallawatsch" sah. Angesichts aus seiner Sicht einander widersprechender Formulierungen im Gesetz fragte er: "Wollen sie die Judikatur ins Elend schicken?"

Verbandsklage

Ein weiteres Konfliktfeld in dem Disput um das Datenpaket war die Verbandsklage, die die SPÖ unbedingt durchsetzen wollte. Diese wäre die einzige Chance, wie man wirtschaftlich überlegenen Gegnern wie Facebook Paroli bieten könnte, argumentierte der Abgeordnete Peter Wittmann.

Da die Koalition aber das Verlangen der SPÖ ablehnte und auch die NEOS ihre Stimmen für eine Zwei-Drittel-Mehrheit hergeben wollten, war die Koalition gezwungen, Regelungen zu finden, die nicht in die Verfassung kommen. Dies sorgte bei ÖVP und FPÖ für entsprechende Verärgerung. Denn an sich ging es bei jenem Teil des Pakets um ein Gesetz, das praktisch wortgleich in der vergangenen Legislaturperiode erarbeitet worden war.

Insgesamt war man bei ÖVP und FPÖ froh, dass man das Paket über die Bühne gebracht hat. FP-Mandatar Werner Herbert sah einen Kompromiss zwischen Rechten der Betroffenen und jenen Institutionen, wo Daten verarbeitet würden. In die gleiche Richtung äußerte sich Minister Heinz Faßmann (ÖVP). VP-Mandatar Wolfgang Gerstl würdigte etwa, dass das "Recht auf vergessen", also die Löschung von Daten auf Verlangen, nun umgesetzt werde. Wie bereits am Vortag angekündigt wurde auch noch mittels Abänderungsantrag das Redaktionsgeheimnis speziell berücksichtigt. (APA, red, Video: Ayham Yossef, 20.4.2018)