Foto: Harley-Davidson
Foto: Harley-Davidson
Foto: Harley-Davidson
Foto: Harley-Davidson
Foto: Harley-Davidson
Foto: Harley-Davidson
Foto: Harley-Davidson

Schweiz – Die Goscherte mit den dunklen Haaren mustert mich von oben nach unten. "Du bist noch keiner von uns", bemerkt sie und ordnet mich auf Rundstrecken und Offroadpisten ein. Der Arai-Helm, die Alpinestars-Stiefel, die helle Lederjacke MIT Ärmeln und die Tatsache, dass ich mich mit Jeans, ganz ohne Protektoren, auf die Maschin traue, haben verraten, dass ich statt wilder Sprünge und wilder Kurvengelage eher eine gepflegte Nudlerei in den Schweizer Bergen erwarte.

Perfektes Motorradfahren auf der Street Bob, obwohl die Mode nicht zur Harley passt, die Harley nicht so zur flotten Kurve und das Flotte sowieso nicht zur Schweiz.
Foto: Harley-Davidson

Welches Radl ich denn wolle, fragt die Goscherte noch. Sie heißt Cinzia und ist Marketing-Managerin bei Harley-Davidson in der Schweiz. Ich will mir vor der resoluten Dame eigentlich keine Blöße geben, aber die einzige verständliche Antwort, die mir einfällt, ist: "Die Dunkelgrüne da drüben. Die mag ich. Wie heißt die?"

Cinzia weiß gerade nicht, ob das jetzt Spaß oder Ernst ist.

Die Sport Glide
Foto: Harley-Davidson

Günther Eder muss helfen. Er ist Pressesprecher bei Harley in Österreich und erklärt mir mit der Geduld eines Vaters: "Das ist eine Street Bob. Die nimm, die passt."

Ich gestehe, ich bin nicht ganz firm bei den schweren Eisen. Ich weiß, dass Harley-Davidson seine neue Softail-Reihe vorstellt, und dass die neue Softail-Familie acht Modelle umfasst, Preispalette von 17.495 bis 26.995 Euro, und, Himmelherrgott, ebenso unterschiedlich schauen alle Softails aus.

Volle Breitseite: Die Fat Boy hat wie die Breakout einen 240er-Hinterptaschen.
Foto: Harley-Davidson

Die Breakout mit dem 240er-Hinterrad – ja, 240er-Hinterrad – könnte man gut und gern als Straßenwalze einsetzen, vor der Fat Bob hab ich schlicht Angst, die Heritage, die teuerste, kommt mir irgendwie bekannt vor, die Low Rider kenne ich sicher aus den 70ern ... Und so geht es immer weiter. Erst als ich erfahre, dass es auf der Welt wohl sowieso keine zwei Harleys gibt, die gleich aussehen, bin ich etwas beruhigter.

Die Fat Bob, mit dem argen Licht, im argen Licht.
Foto: Harley-Davidson

Die Street Bob ist eindeutig die Schlankste – und die günstigste. Kein Firlefanz. Nix. Eine Bobber eben. Und das heißt so viel wie abgeräumt, lasse ich mir erklären.

Und gut abgeräumt haben sie die, denke ich mir, weil kein Uhrwerk nirgendwo zu finden ist, bis dann beim schlüssellosen Starten, mitten im Lenker, dem Riser, wie der Achsellüfter heißt, ein zierlich Display zu arbeiten beginnt und mich fortan mit allen weiteren Informationen versorgen wird, die ich brauche.

Die Lowrider. Ja, ebenfalls eine Softail.
Foto: Harley-Davidson

Nur damit wir uns verstehen: Ich bin auch schon vorher Harley gefahren. Wenn ich ein paar Minuten zum Nachschauen krieg, kann ich sicher auch sagen, welche. Die 883 habe ich jedenfalls noch in Erinnerung – ach nein, das ist die unsagbar schlechte Italo-Pop-Band – nein, doch, passt schon, 883 Iron. Die war lässig. Sehr schwarz. Softail kann ich mich jetzt aber nicht erinnern.

Sehr eindrucksvoll ist die Heritage Classic.
Foto: Harley-Davidson

Auf den ersten Metern kann ich mich dafür erinnern, dass ich mich an so ein Fahrerlebnis nicht erinnern kann. Kurzum, Harley-Davidson verbaut jetzt ein Fahrwerk, das diesen Namen sogar verdient. Meine Street Bob hat zum Vorgängermodell sieben Kilogramm abgespeckt. Das ist mehr, als ich seit damals zugenommen habe. Die Deluxe und die Softail Slim sind sogar um 17 Kilogramm leichter. Und trotzdem steifer. Möglich wurde das durch einen neuen Rahmen aus Stahl mit höherem Kohlenstoffanteil.

Die Lowrider.
Foto: Harley-Davidson

Dem Milwaukee-Eight 107, ein 1745 Kubikzentimeter großer V2, konnte das Gewicht eh nie was anhaben. Aber jetzt hat die Fuhre mehr Schub als eine Lok. Irre.

Das hat die Street Bob fast die Hälfte der Rasten gekostet. Und mich mein Herz. Ich gehör jetzt auch dazu. Ich muss nur noch einkaufen gehen. Stiefel, Helm und Kutte. Cinzia hilft mir sicher. (Guido Gluschitsch, 20.4.2018)

Schwer gezeichnet, schwer begeistert und schwer schlecht angezogen, nach dem Ride mit dem schweren Eisen.
Foto: Christian Arnezeder