FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus spricht von "stichhaltigen, sich verdichtenden Gerüchten".

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Wien – FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus kann der Anti-Soros-Kampagne des rechtskonservativen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán einiges abgewinnen. Es gebe "stichhaltige Gerüchte", wonach Soros daran beteiligt sei, "Migrantenströme nach Europa zu unterstützen", sagte Gudenus zur "Presse". Soros ist seit Jahren das Ziel antisemitischer Verschwörungstheorien.

So habe Soros etwa einige NGOs finanziert, die "für die Massenmigration nach Europa mitverantwortlich" sind. Gefragt nach Beweisen für seine Behauptung sagte Gudenus: "Ich habe von stichhaltigen, sich verdichtenden Gerüchten gesprochen." Er glaube nicht, dass "die Massenimmigration nach Europa zufällig in dem Ausmaß passiert" sei.

Soros spiele "fragwürdige Rolle"

Soros sei da einer der möglichen Akteure. "Es gibt auch diverse Papiere in der EU, die zeigen, dass das stattfinden soll", so Gudenus. Der US-Milliardär spiele aus seiner Sicht jedenfalls "eine fragwürdige Rolle". Er habe "mit viel Kapitalmacht versucht, alle möglichen Umwälzungstendenzen in Osteuropa zu finanzieren".

Orbán behauptete im abgelaufenen Parlamentswahlkampf unter anderem, Soros würde von außen eine "Masseneinwanderung" in die EU steuern. Die Angriffe auf Soros wurden in Ungarn auch nach dem Wahlsieg von Orbáns Fidesz-Partei am 8. April fortgesetzt. Die Wochenzeitung "Figyelö" veröffentlichte vor kurzem eine Liste mit 200 Personen, die sie als "Soros-Söldner" bezeichnete. Darunter befand sich auch der österreichische Politikwissenschafter Anton Pelinka, der an der von Soros initiierten Central European University (CEU) unterrichtet. Als Reaktion auf die Attacken erwägt die Soros-Stiftung Open Society Foundation (OSF) nun den Wegzug aus Budapest.

Kern: Gudenus hat rote Linie überschritten

SPÖ-Chef Christian Kern sagte am Samstag, es sei völlig inakzeptabel, wenn FPÖ-Klubobmann Gudenus auf dem brisanten Themenfeld der Migration mit "eindeutig antisemitisch eingefärbter Polemik zündelt und mit antisemitisch angereicherten Argumenten Ängste schürt". Damit habe Gudenus eine rote Linie überschritten. Um Schaden von Österreich abzuwenden, müssten sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und die gesamte FPÖ-Spitze nun dringend und eindringlich überlegen, "ob Gudenus als Klubobmann im Parlament noch tragbar ist", erklärte der SPÖ-Chef.

Als vorerst einziger Vertreter der ÖVP, die mit Gudenus‘ FPÖ koaliert, reagierte am Samstag der EU-Abgeordnete Othmar Karas auf die Aussagen des blauen Klubobmanns. "Schämen Sie sich für diese weitere unglaubliche, skandalöse Entgleisung" richtete Karas Gudenus auf Twitter aus.

Meinl-Reisinger fordert "persönliche Konsequenzen"

"Fassungslos" reagierte Neos-Wien-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger auf Gudenus, der sich in dem "Presse"-Interview "auf das Niveau des Orbán-Kurses begeben" habe. "Dass ein österreichischer Politiker auf die antisemitische Politik aufspringt und damit das Spiel mit der Angst ganz bewusst noch weiter befeuert, können wir nicht einfach so stehen lassen und zur Tagesordnung übergehen", kritisierte Meinl-Reisinger.

"Ich erwarte mir hier deshalb auch ganz klare Worte von Kanzler Kurz", sagte die Neos-Politikerin. "Bevor Sie jetzt die persönlichen Konsequenzen daraus ziehen – die ich mir selbstverständlich erwarte – fordere ich Sie in einem ersten Schritt auf, sich öffentlich und glaubwürdig bei George Soros für ihre haltlosen Behauptungen zu entschuldigen", so Meinl-Reisinger an Gudenus gerichtet.

Vilimsky weist Kritik zurück

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky hat den freiheitlichen Klubobmann Johann Gudenus gegen die Kritik von SPÖ und Neos verteidigt. "Der schon automatisierte hysterische Aufschrei der Opposition ist völlig überzogen", sagte Vilimsky am Samstag.

Ein Blick über ihren "kleinen politischen Tellerrand" hätte für die beiden Oppositionsparteien genügt, um zu erfahren, dass nach Medienberichten selbst der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu im Februar gesagt habe, "dass Soros hinter einer Kampagne in Israel gegen die Abschiebung afrikanischer Flüchtlinge in Drittländer" stecke, erklärte Vilimsky.

Im Juli 2017 habe das israelische Außenministerium mitgeteilt, dass Soros Organisationen, die Israel verleumdeten und dem Land sein Recht auf Selbstverteidigung absprächen, finanziere, sagte der FPÖ-Generalsekretär hinzu.

Gudenus: Antisemitismus-Vorwurf "ist unterste Schublade"

Am Samstagnachmittag reagierte auch Gudenus selbst in einem Facebook-Posting auf die Kritik an seinen Aussagen. Er habe "nie einen Hehl" aus seiner "kritischen Haltung zu den Aktionen von George Soros imn Zusammenhang mit den Migrationsbewegungen" gemacht. Ihm deshalb Antisemitismus zu unterstellen, sei "unterste Schublade und verharmlose "den wahren Antisemitismus, den wir bekämpfen".

Gudenus' Posting im Wortlaut: "Opposition und linke Twitter-Blase versuchen wieder einmal aus meinem Presse-Interview einen Skandal zu konstruieren.Ja, ich habe eine kritische Haltung zu den Aktionen von George Soros in Zusammenhang mit den Migrationsbewegungen. Daraus habe ich nie einen Hehl gemacht. Und ich lasse es mir nicht verbieten, diese Kritik zu äußern. Mir damit Antisemitismus zu unterstellen, ist unterste Schublade. Dieser inflationär erhobene Vorwurf verharmlost den wahren Antisemitismus, den wir bekämpfen.Den 'EmpörtenÄ sei auch ins Stammbuch geschrieben, dass selbst der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor kurzem gesagt hat, 'dass Soros hinter einer Kampagne in Israel gegen die Abschiebung afrikanischer Flüchtlinge in Drittländer stecke'."

Gudenus beruft sich in seiner Verteidigung auch darauf, dass "selbst der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor kurzem gesagt hat, "dass Soros hinter einer Kampagne in Israel gegen die Abschiebung afrikanischer Flüchtlinge in Drittländer stecke'".(APA, red, 21.4.2018)