Wer online über Fotos aus Bali stolpert, wird schnell Lust bekommen, die indonesische Insel eines Tages zu besuchen. Kein Wunder, es sind paradiesische Bilder, die man findet. In sozialen Netzwerken werden jedoch meist nur bestimmte Bildausschnitte gewählt und mit Freunden und Followern geteilt. Was nicht gefällt, wird einfach weggeschnitten. Ich habe während meines bisherigen Aufenthalts schon einige Eindrücke festgehalten, die das ganze Bild Balis zeigen, das nicht immer nur paradiesisch anmutet.

Gefahren im und am Wasser

Bei meinem Schnorchel-Ausflug nach Nusa Penida war ich überwältigt von der Farbenpracht der Fische. Umgeben war ich allerdings nicht nur von bunten Meerestieren – die nur so zahlreich erschienen, weil unser Kapitän sie mit Toastbrot versorgte – sondern auch von zahlreichen anderen Booten, die nach und nach in die Bucht tuckerten. Es gilt höchste Achtsamkeit für die Schnorchler an der Meeresoberfläche, da es leicht zu Zusammenstößen kommen kann.

Schnorchelausflug in die Crystal Bay vor Nusa Penida.
Foto: Alexandra Eder

All diejenigen, die schon einmal Bilder von glücklich anmutenden Kühen oder Schweinen auf Bali gesehen haben, mögen bitte im Forum kommentieren. Ich habe nämlich vor Ort keine gesehen. Die Haltung ist nicht überall dermaßen erschütternd wie unten, dennoch: Kühe, die sich in einem größeren Radius als fünf Meter bewegen können, habe ich hier noch nicht entdecken können. 

Kein schöner Anblick: Ein Beispiel für die teilweise katastrophale Tierhaltung auf Bali.
Foto: Alexandra Eder

Die Sache mit dem Müll

Das Müllproblem auf Bali möchte ich auch an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Offizielle Zahlen zum Müllaufkommen auf Bali aus zuverlässigen Quellen zu finden, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Hinzu kommt, dass sie ohnehin nicht haltbar wären, weil die Abfälle, die am Straßenrand verbrannt oder in der Natur entsorgt werden, nicht dokumentiert werden können. 
Bei der Aktion "Bali's Biggest Clean Up", organisiert von der Initiative "One Island One Voice", sollen Ende Februar diesen Jahres an nur einem Tag von mehr als 20.000 Freiwilligen sage und schreibe 65 Tonnen Müll auf verschiedenen Stränden in und um Bali eingesammelt worden sein. 
Flora und Fauna sind atemberaubend schön, doch werden sie im Laufe der Zeit durch diese Massen an Abfällen drastisch verändert werden. 

Bauschutt und Müll treffen paradiesische Strände.
Foto: Alexandra Eder

Indonesien ist eines der wichtigsten Exportländer für erstklassigen Arabica-Kaffee und auch für den weltweit bekannten, exklusiven und sehr teuren "Kopi Luwak" - von Katzen vorverdauter Kaffee. Was die Einheimischen täglich trinken, hat damit jedoch nichts zu tun. Für den balinesischen Kaffee werden oft nur die pulvrigen Abfälle verwendet, die zusätzlich mit Mais gestreckt werden, um dem Kaffee ein süßliches Aroma zu verleihen und die Kosten zu senken. Nichtsdestrotz trinken Balinesen ihn sehr gerne und sind stolz auf ihren "Bali Kopi".

Für Europäer ist der eher wässrige "Bali Kopi" gewöhnungsbedürftig.
Foto: Alexandra Eder

Trügerische Traumkulisse

Die Reisfelder auf Bali strahlen durch ihren saftig grünen Anblick eine gewisse Ruhe aus und sind die perfekte Kulisse für ein Urlaubsfoto. Dabei sollte man darauf achten, nicht ins Wasser zu steigen. Die Gefahr, sich mit Parasiten zu infizieren, ist angeblich nicht zu unterschätzen. 

Die Schönheit der Reisfelder birgt eine gewisse Gefahr.
Foto: Alexandra Eder

Wenn man mit dem Roller auf Bali unterwegs ist und die Gegend erkundet, wird man regelmäßig von den kreativen Transportmitteln der Einwohner überrascht. Fragwürdigen Situationen wie jener am Bild begegne ich praktisch täglich. Wer genauer hinsieht, erkennt, dass auf dem Roller drei Personen sitzen, ganz vorne ein Kleinkind ohne Helm oder Mundschutz, und das bei starker Abgasbelastung. Auch den Kühen könnten durch diesen ungesicherten Transport, der über Stock und Stein ging, erhebliche Verletzungen hinzugefügt worden sein.

Suboptimaler Tier- und Menschentransport in Ubud.
Foto: Alexandra Eder

Die Funken sprühten bis in unseren Coworking-Space, als ein LKW die Oberleitung auf der Straße durchtrennte. Mittlerweile traue ich den Balinesen sehr viel zu – man kann sie beim Wort nehmen und sie schaffen es dank ihrer Kreativität immer, Probleme auch mit einfachen Mitteln zu lösen. Dennoch hatte ich ein leicht mulmiges Gefühl, als ich mit dem Roller unter dem Kabel durchdüste, das von einem Arbeiter mit einem langen Bambusrohr über mir festgehalten wurde (im Bild rechts zu sehen). 

Wer Straßenarbeiten auf Bali durchführt, muss mutig und schwindelfrei sein.
Foto: Alexandra Eder

Touristenattraktionen mit nicht so süßem Beigeschmack

Keine Spur von ausgewogener Ernährung: Bei meinem Besuch des Uluwatu-Tempels im Süden der Insel bekamen Affen von Einheimischen diverse Süßigkeiten zum Essen und Limonaden zum Trinken gereicht – zur Begeisterung der meisten Touristen. Weniger begeistert waren diese, als die Tiere ihre Kappen und Sonnenbrillen entwendeten. Eine klassische Touristenattraktion.

Einheimische füttern im Uluwatu-Tempel Affen mit Süßigkeiten, um Touristen zu unterhalten.
Foto: Alexandra Eder

Reflektiert reisen

Ich bin wirklich gerne Gast hier auf Bali und habe mich sehr schnell an die Kultur und Sitten der Inselbewohner gewöhnt. Weder kritisiere ich Einheimische noch Besucher. Doch bin ich der Meinung, dass man gerade als Tourist versuchen sollte, auch seine eigenen Handlungen und deren Auswirkungen zu reflektieren. Denn nicht alle Missstände kann man auf "die anderen" schieben. Zurück bleibt nach der Reise, dem Remote-Working-Aufenthalt oder dem Sabbatical immer noch ein Land, in dem Menschen leben und das noch länger tun möchten. (Alexandra Eder, 30.04.2018)

Weitere Beiträge der Bloggerin

Hinweis: Die Bloggerin wurde nach einer Bewerbungsphase auf Einladung von DER STANDARD in den Coworking-Retreat geschickt. Sie berichtet zweimal pro Woche über ihre Erfahrungen, ihre persönlichen Eindrücke, das Leben von digitalen Nomaden und das Arbeiten in einem Schwellenland. Die Aktion wird in Zusammenarbeit mit der Firma Unsettled durchgeführt. Die inhaltliche Verantwortung liegt zur Gänze beim STANDARD.