Managua – Nach tagelangen gewalttätigen Protesten gegen die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge hat Nicaraguas Regierung die Reform wieder zurückgenommen. "Ich hoffe, dass wir in einen Dialog treten können, der zu Frieden, Stabilität und Sicherheit in unserem Land führt", sagte Präsident Daniel Ortega am Sonntag in einer Fernsehansprache.

Proteste mit Toten und Verletzten

Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten, Regierungsanhängern und Sicherheitskräften waren in den vergangenen Tagen laut Menschenrechtsgruppen mindestens 26 Menschen ums Leben gekommen und dutzende verletzt worden. Zahlreiche Geschäfte wurden zerstört und geplündert.

Die Proteste richteten sich gegen eine Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge auf bis zu 22,5 Prozent und Pensionskürzungen. Nicaragua ist das zweitärmste Land Lateinamerikas, der Mindestlohn liegt bei 170 US-Dollar im Monat.

Die Regierung machte "kriminelle rechte Gruppen" für die Gewalt verantwortlich. Nach Angaben von Oppositionellen griffen aber regierungsnahe Schlägertrupps an der Seite der Polizei immer wieder Demonstranten an. "Wir müssen die Ordnung wiederherstellen. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass hier Chaos, Kriminalität und Plünderungen überhandnehmen", sagte Ortega.

Bisher heftigste Proteste

Papst Franziskus rief die Konfliktparteien zur Mäßigung auf. "Ich bitte darum, dass die Gewalt aufhört, dass nicht nutzlos weiter Blut vergossen wird und dass die offenen Fragen friedlich gelöst werden", sagte das katholische Kirchenoberhaupt.

Es waren die bisher heftigsten sozialen Proteste gegen Ortega. Mit der Rücknahme der Sozialreform will der Staatschef möglicherweise Dampf aus dem Kessel lassen. Angesichts der politischen Repression und der schlechten Wirtschaftslage könnten sich die Proteste nämlich auch bald gegen die ganze Regierung richten.

Der frühere Rebellenkommandeur Ortega hat sich von seinen sozialistischen Idealen verabschiedet und fährt mittlerweile einen eher neoliberalen Wirtschaftskurs. Kritiker werfen ihm vor, eine autoritäre Familiendynastie an der Staatsspitze zu etablieren und öffentliche Gelder über dunkle Kanäle in die Taschen seines Clans zu leiten. (APA, dpa, 23.4.2018)