Salzburg/Wien – "Wir überschätzen unsere Möglichkeiten, die Treibhausgas-Emissionen rasch zu reduzieren", sagte der niederösterreichische Geophysiker Matthias Jonas am Rande des 19. Klimatages, der bis 25. April in Salzburg stattfindet. In den aktuellen Szenarien sei das "Gedächtnis" des Systems nicht genug berücksichtigt. Man müsste also stärkere Maßnahmen ergreifen, um die angestrebten Klimaziele zu erreichen.

Als Physiker habe er bei Modellkurven zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen Zweifel, wenn sie plötzliche Knicks nach unten zeigen, sagte Jonas, der am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien forscht. So schnell würde ein großes System nie und nimmer reagieren. Genau so wenig, wie man einen schwer beladenen Güterzug abrupt stoppen oder die Richtung wechseln lassen kann, sei es möglich, die Emissionen ohne größere Zeitverzögerung zu verringern. Es dauere zum Beispiel seine Zeit, bis sich das Pool an Kraftfahrzeugen erneuert, alte Brennöfen und Heizungen gegen energiesparende Systeme ausgetauscht und Häuser besser wärmegedämmt sind.

Das Gedächtnis-Problem

Die gebräuchlichen Szenarien würden diese Trägheit, die Jonas auch als "Gedächtnis" des Emissionssystems bezeichnet, außer Acht lassen. Mit Kollegen hat er untersucht, wie sich dieses Gedächtnis in der Vergangenheit nach der Einführung diverser Maßnahmen ausgewirkt hat, und bezieht es in die Modellrechnungen für zukünftige Entwicklungen ein, die dadurch stabiler und verlässlicher würden.

Dabei stellte sich heraus, dass man die Trägheit des Systems bisher stets unterschätzte. Damit würden die Effekte der Maßnahmen überschätzt und was auf lange Sicht möglich ist. Es wird also nicht so schnell gehen die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren und man müsste eigentlich mit viel stärkeren Maßnahmen ansetzen, meinte der Experte.

Die Konferenz zum 19. Österreichischen Klimatag findet an der Universität Salzburg statt. Österreichische Wissenschafter referieren und diskutieren dort aktuelle Ergebnisse und Studien sowie geplante Projekte zur hiesigen Klimaforschung. (APA, 23. 4. 2018)