"‘Foto Wien" ist ein Festival, dass die Kommunikation von Fotografie in der Stadt zum Ziel hat", kommentiert Kunsthaus-Direktorin Bettina Leidl das Vorhaben der Stadt, ihrem Haus die Austragung des Festivals zu übertragen. Sie sieht die Aufgabe darin, Fotografie in der Stadt stärker sichtbar zu machen. Zu ihren inhaltlichen Plänen zählt es, ein kuratiertes Festival, ein Diskursprogramm sowie einen Länderschwerpunkt anzubieten. Internationale Fotokuratoren und junge europäische Fotografen werden für eine internationale Ausrichtung des Festivals sorgen. Ambitionen, die für Leidl auch bedeuten, zusätzliche Mittel aufzutun.

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Der Sammler Peter Coeln würde gern schenken.

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Wien hat zwar kein Fotomuseum, aber – was wenigen bekannt sein dürfte – zwei Häuser für Fotografie. Zugegeben, das eine – situiert im einstigen Schlösselkino – ist ein Offspace und Fotoschule mit unregelmäßiger Ausstellungstätigkeit. Das andere ist aber eine bekannte Größe: das Kunsthaus Wien.

Nach außen tritt man zwar nicht offensiv als solches auf, aber das könnte sich bald ändern. Bereits in den letzten Jahren hatte man im Kunsthaus den Lichtbildschwerpunkt verstärkt, auf jüngere Zeitgenossen gesetzt und mit Verena Kaspar-Eisert eine auf Fotografie spezialisierte Kuratorin (einst Galerie Ostlicht) ans Haus gebunden. In einem Image-Video des Kunsthaus Wien von 2017 stellt man diese Säule der Institution (neben Hundertwasser, Umwelt/Nachhaltigkeit) sogar ganz explizit als "Haus für Fotografie" vor. Nun soll die Marke Fotografie auch offiziell, also vonseiten der Stadt, gestärkt werden.

2018 kein Fotofestival "Eyes On"

Wie der STANDARD erfuhr, soll das Kunsthaus künftig auch das Fotofestival der Stadt ausrichten. Der biennal stattfindende "europäische Monat der Fotografie", der bisher in Wien unter dem Titel "Eyes On" lief und seit 2004 von Thomas Licek organisiert wurde, wird nicht wie ursprünglich geplant diesen November stattfinden, sondern Ende März 2019 zeitgleich mit Paris. Auch die Fördersumme von 200.000 Euro pro Festival fällt damit, sollte der Gemeinderat Ende dieser Woche zustimmen, an das Kunsthaus.

Geplant ist diese Umstrukturierung jedoch schon lange. Bereits im Juni des Vorjahres – also zeitgleich zu dem Plädoyer des damaligen Bundesministers Thomas Drozda (SPÖ) für ein Fotomuseum des Bundes – wurde Licek von der Kulturabteilung mitgeteilt, dass das Festival 2018 aus budgetären Gründen nicht stattfinden könne und obendrein in Zukunft vom Kunsthaus organisiert werden solle. Inhaltliche Kritik habe es keine gegeben, sagt Licek. An die Öffentlichkeit wollte man zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht treten; selbst als Licek im Spätherbst den Bewerbern mit der Absage des Festivals auch gleich die neuen Ansprechpartner kommunizieren wollte, hieß es: "bitte warten".

Monat der Fotografie "auf nächste Stufe stellen"

Die Stadt sieht das anders: Man habe sehr wohl inhaltliche Gründe kommuniziert, etwa dass man frischen Wind und Bewegung reinbringen wolle. Nach 14 Jahren sei das "völlig legitim". Im Kulturstadtratbüro heißt es, das Festival sei inzwischen gut etabliert, aber jetzt solle es auf die nächste Stufe gestellt werden. Daher habe man sich entschlossen, es in die städtische Struktur einzubinden. Auch das Kunsthaus Wien habe sich in den letzten Jahren "toll entwickelt" und als Fotohaus der Stadt Wien etabliert. Mit dieser Erfahrung und Kompetenz solle das Fotofestival sichtbarer und europäischer werden.

Die Position des Kunsthauses wiederum wird dadurch gegenüber privaten Häusern wie Westlicht und Bonartes sowie der Albertina gestärkt. Die Frage, die sich Insider stellen, ist, ob Wien damit in der Standortfrage für ein etwaiges Fotomuseum ausscheidet. Das Büro des Kulturstadtrats verneint, dass die Schärfung des Kunsthaus-Profils in Konkurrenz zu der Idee des Bundes zu sehen sei, ein eigenes Fotomuseum zu errichten.

"Die Standortfrage des Fotomuseums ist derzeit noch offen", heißt es aus dem Büro von Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP). Man führe Gespräche, sei "in der Sondierungsphase". Blümel hält viel von der Idee eines Fotomuseums und scheint fest entschlossen, ein solches umzusetzen. Wohl auch als Prestigeerfolg. Denn der Vorwurf von Opposition und Beobachtern, der kulturpolitischen Agenda des Ministers mangele es an Ambition und den vielzitierten "Leuchtturmprojekten", wiegt schwer.

Bundesmuseum in Salzburg?

Hinter den Kulissen des Kulturministeriums wird freilich schon seit Jahren über ein Fotomuseum nachgedacht. Der Wiener Fotosammler und Gründer der gut besuchten Galerie Westlicht, Peter Coeln, hegt seit längerem den Wunsch, seine Sammlung dem Bund zu schenken, so denn eine eigene Einrichtung dafür geschaffen werden sollte. Operativ beteiligen wolle er sich daran nicht, die Sammlung solle nur "in gute Hände kommen". Coeln sei sich mit dem früheren Minister Josef Ostermayer (SPÖ) bereits beinahe einig gewesen, ein Standort im Museumsquartier war angedacht. Dann kam die Regierungsumbildung. Und Ostermayers Nachfolger Thomas Drozda (SPÖ) wärmte das Thema wieder auf. Dass der Bund seine über 12.000 Werke zeitgenössischer Fotografie von rund 500 Künstlern nirgends permanent zeigen kann, sei ein Versäumnis, meint dieser – nunmehr in Opposition – auch jetzt noch.

Drozda wollte einen Wettbewerb starten, bei dem sich mögliche Standorte (Wien, Salzburg, Graz, ...) mit ihren Konzepten bewerben hätten sollen. Als heißer Kandidat galt Salzburg, wo im Museum der Moderne wesentliche Bestände der auf viele Institutionen verteilten Bundessammlung lagern. Aus Sicht Blümels wäre der Standort auch im Sinne des Koalitionspakts – wo man festhält, Kultur im ländlichen Raum stärken zu wollen.

Mit dem Fotomuseum in die Koalitionsverhandlungen

Und auch vom gestärkten Salzburger Landeschef Wilfried Haslauer (ÖVP) gibt es nunmehr ein klares Bekenntnis: "Es ist ein Ziel von Landeshauptmann Haslauer, ein Fotomuseum des Bundes nach Salzburg zu holen", heißt es aus Haslauers Büro zum STANDARD. Man sei mit Bund und "anderen Partnern" in Gesprächen und werde das Thema in die anstehenden Koalitionsverhandlungen tragen.

Peter Coeln sähe die Einrichtung wegen des größeren Einzugsgebiets lieber in Wien. Blümel wolle auch mit ihm noch Gespräche führen, so Coeln. Sabine Breitwieser, Direktorin des Museums der Moderne in Salzburg, hält die Standortdebatte vorerst für nachrangig. Zunächst müsse einmal entschieden werden, "was eine Fotoeinrichtung des Bundes überhaupt leisten soll". Denkbar sei von einer reinen Forschungseinrichtung bis zum Ausstellungshaus vieles.

Zeit für fokussierte Sondierungen also – in Salzburg wie in Wien. (Anne Katrin Feßler, Stefan Weiss, 24.4.2018)

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