Wolfgang Langenbucher feiert heute seinen Achtziger.

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Wien – Am Beginn steht eine veritable Presseschelte: "Wenn man das Selbstverständnis vieler Verleger und vieler Journalisten ... analysiert, findet man pseudodemokratische, bürgerlich-liberal-elitäre, antiaufklärerische Elemente." Ausgehend von dieser These knöpfen sich die Autoren die verschiedenen Zeitungsressorts vor.

Egal ob Politik, Wirtschaft oder Kultur – nichts als Defizite und Fehlanzeigen. Das Fachchinesisch der Redakteure wird beklagt, die fehlende Lesernähe bedauert. Die Botschaft lautet: Nicht egozentrische oder parteiliche Selbstverwirklichung, sondern kommunikationsfördernde Vermittlung ist die Aufgabe des Journalismus.

Der mißachtete Leser lautete der Titel der Streitschrift zur Kritik der deutschen Presse, die – zuerst 1969 erschienen – mehrere Auflagen erlebte. Die beiden Autoren, Peter Glotz und Wolfgang Rudolf Langenbucher, waren damals Assistenten am Institut für Zeitungswissenschaft der Universität München. Als Tandem haben sie noch so manchen Text gemeinsam veröffentlicht, vorwiegend zur Kommunikationspolitik und zu aktuellen und grundsätzlichen Medienfragen.

Diktatur des Sitzfleisches

Während Glotz sich bald in die große Politik verabschiedete (er wurde zum Vordenker der SPD), blieb Langenbucher der Wissenschaft treu. Er arbeitete an vielen empirischen Studien zur Situation des Journalismus mit. Seine Münchner Habilitationsschrift von 1973 zur kommunikationswissenschaftlichen Berufsforschung gab maßgebliche Impulse zur hochschulgebundenen Journalistenausbildung, die im deutschen Sprachraum unterentwickelt war.

Der auf Langenbuchers Initiative gegründete Modellversuch eines Journalistik-Studiengangs mit Diplomabschluss diente als Vorbild für weitere einschlägige Studienangebote. Forschung für die Forschung – das war seine Sache nicht. Als Mitglied in zahlreichen Kommissionen, Expertengremien, Fachgesellschaften und Arbeitskreisen unterwarf er sich immer wieder der Diktatur des Sitzfleisches, um Reformkonzepte zu entwerfen und umsetzen zu helfen.

Faible für Österreich

Früh schon zeigte sich bei ihm ein Faible für Österreich. Bereits als Bub hatte er den Wunsch geäußert, einmal Wiener Sängerknabe zu werden. Das gelang ihm allerdings erst mit großer zeitlicher Verzögerung, als ihn Hertha Firnberg, die damalige Wissenschaftsministerin, 1983 auf ein Ordinariat an der Universität Wien berief. Im Jahr darauf wurde er Vorstand des dortigen Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, das er dann zwei Jahrzehnte leitete.

In dieser Zeit entwickelte sich das Institut zu einer international renommierten Einrichtung, die immer mehr Studierende anzog. Unter den Absolventen sind nicht nur viele prominente Medienleute, sondern – zum Beispiel – auch der ehemalige österreichische Bundeskanzler Christian Kern.

Langenbucher hat sich in Forschung und Lehre nicht nur mit den aktuellen Massenmedien, mit Print, Funk und Online, befasst, sondern auch und gerade mit dem Medium Buch. Buch und Lesen – das war lange Zeit eines seiner Lieblingsthemen. In den letzten Jahren galt seine Aufmerksamkeit vor allem dem sogenannten "Hochkulturjournalismus" in Geschichte und Gegenwart.

Die Poetik des Journalismus

Eine der von ihm herausgegebenen Anthologien enthält Porträts von Fünfzig Vorbildern des Journalismus. Darunter finden sich neben Lessing, Börne, Heine, Marx und Fontane auch österreichische Autoren wie Karl Kraus, Joseph Roth, Hilde Spiel und Theodor Herzl. Nach Herzl ist eine "Dozentur für Poetik des Journalismus" benannt, die Langenbucher initiiert und bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2006 betreut hat. Profilierte Journalistinnen und Journalisten referieren hier jeweils im Sommersemester über Prinzipien, Probleme und Perspektiven ihres Metiers. Die Vorträge sind in einer attraktiv gestalteten Buchreihe für jedermann zugänglich.

Auch der Emeritus pendelt noch häufig zwischen den Wohnsitzen in München und Wien. Zusammen mit seiner Frau kann man ihn regelmäßig in der Burg und im Akademietheater treffen. Beide gehören zum Kreis der "Bernhardiner" – Thomas Bernhard ist ihr Lieblingsautor. Die Wohnungen sind tapeziert mit zeitgenössischer Kunst. In den Bücherregalen fällt eine Abteilung besonders ins Auge: eine Sammlung exquisiter Kochbücher. Wolfgang R. Langenbucher, der nicht nur ein Genießer und ein inspirierender Gastgeber, sondern auch ein exzellenter Koch ist, kann heute seinen achtzigsten Geburtstag feiern. (Walter Hömberg, 24.4.2018)