Der "Oberste Führer" beim Krankenbesuch. Kim Jong-un soll über den Tod von 36 chinesischen Touristen in seinem Land untröstlich sein.

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Der große Marshall besucht ein Waisenhaus. Immer wieder trat Kim Jong-un ...

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... zuletzt mit Kindern auf.

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Bei Auftritten mit seiner Frau, die nun nicht mehr "Genossin Ri Sol-ju", sondern "First Lady" ist, wird immer wieder gelacht.

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Schon 2014 fuhr der Große Führer Achterbahn.

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Auftritte in Schwimmbädern versprühten damals allerdings noch keine Freizeitstimmung.

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Pjöngjang/Wien – Kim Jong-un isst gerne Rösti. Das jedenfalls meinen die Köche in Südkoreas Präsidentenpalast erkannt zu haben, die dem nordkoreanischen Machthaber das Schweizer Gericht bei seinem Treffen mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in am Freitag servieren werden. Ob es sich dabei um eine Idee aus Seoul oder einen Wunsch aus Pjöngjang handelt, ist nicht bekannt. Es würde aber zur neuen nordkoreanischen Medienlinie aus passen, wenn der Herrscher plötzlich und öffentlich nostalgische Gedanken an seine Kindheit in einem Schweizer Internat hegen würde.

Denn Nordkoreas Propaganda bemüht sich seit Wochen, den Machthaber menschlich erscheinen lassen. Immer wieder tritt er mit seiner Schwester Kim Jo-yong auf. Seine Frau Frau Ri Sol-ju wird von den Staatsmedien nicht mehr wie bisher üblich als "Genossin", sondern als "First Lady" tituliert. Und nun ließ er sich sogar dabei fotografieren, wie er überlebenden chinesischen Touristen nach einem verheerenden Busunfall im Krankenhaus die Hand tätschelt. Der "Oberste Führer" habe beim Spitalsbesuch auch sein Mitgefühl für die Familien der 36 Unfallopfer "nicht kontrollieren können, die ihre Blutsverwandten verloren haben", zitierte ihn die Staatsagentur KCNA.

Ungelenke Anfänge

Darüber, dass Kim Jong-un einen Imagewechsel wünscht, wird schon länger spekuliert. Erste Versuche waren allerdings eher amateurhaft dahergekommen. So wirkte es noch reichlich hölzern, als die staatlichen Medien den Machthaber vor einigen Jahren dabei fotografierten, wie er in Uniform und begleitet von notizbuchtragenden Gehilfen neu eröffnete Wasserparks inspizierte oder sich beim Achterbahnfahren ablichten ließ.

Der Besuch von US-Basketballstar Dennis Rodman endete 2014 im PR-Desaster. Und auch ein Video, in dem er beim Steuern eines Flugzeugs gefilmt wird, wirkte im gleichen Jahr noch eher gestellt als heldenhaft.

Nordkoreas Staatsmedien verbreiteten Videos, die Kim Jong-un beim Fliegen zeigen. Ob er das Flugzeug wirklich gesteuert hat, gilt als umstritten.
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Doch mittlerweile läuft die Maschine: Der Machthaber lässt sich im Publikum von Popkonzerten fotografieren, auf Videos mit seiner Frau und seiner Schwester ist er immer wieder lachend zu sehen. Auch die früher omipräsenten Zigaretten hat er abgelegt, wie die BBC beobachtet hat. Und häufig zeigte ihn das staatliche Fernsehen zuletzt beim Besuch von Kinderbetreuungseinrichtungen – in einem Fall sogar am Boden sitzend.

Über die Hintergründe wird spekuliert. Der "Guardian" vermutet, Kim wolle auch in seiner öffentlichen Darstellung stärker als bisher als "normaler Staatschef" wahrgenommen werden. Immerhin solle auch sein bisher geächtetes Land durch den Gipfel mit Moon und jenen mit US-Präsident Donald Trump als "normaler" Teil der Staatengemeinschaft erscheinen.

Die Schwester hilft

Andere bringen den Wandel in Zusammenhang mit Kims neuem Fokus auf den wirtschaftlichen Teil seiner Byungjin-Strategie, die militärische und wirtschaftliche Aufrüstung als gleichberechtigte Ziele sieht: Nun stehe der wirtschaftliche Teil im Fokus, die Modernisierung des eigenen Images sei Teil der gesamten Erneuerung der nordkoreanischen Wirtschaft.

Bekannt ist jedenfalls, dass Kims Schwester Kim Jo-yong einen Anteil an der Entwicklung hat. Sie ist seit 2014 Chefin des Ministeriums für Propaganda und Agitation und in dieser Rolle zu einer Art "Imageberaterin" ihres Bruders aufgestiegen. Und sie soll es laut Berichten auch gewesen sein, die auf eine unbedingte Änderung jenes gefährlich-lächerlichen Bildes gedrängt hat, das sich der Großteil der Welt bisher vom Land und seinem Herrscherclan gemacht hat.

Keine echten Änderungen

An konkrete Änderungen seiner Politik ist die Vermenschlichung des Kim Jon-un bisher übrigens nicht gebunden. So soll es laut Berichten immer weniger Menschen gelingen, die schwer bewachte Grenze zwischen Nord- und Südkorea zu überwinden – und zwar nicht, weil der Wunsch nach Flucht geringer werde, sondern weil sich die Überwachung einzelner Nordkoreanerinnen und Nordkoreaner noch weiter verschärft hat. Das sagen jene, die es doch geschafft haben.

Und auch am System von Straf- und Konzentrationslagern in Nordkorea, wo regelmäßig Menschen zu Tode gefoltert werden, hat sich nichts geändert. Mindestens 170.000 Gefangene sollen dort derzeit festgehalten werden. Doch die Berichte darüber sind in den vergangenen Wochen besonders in den Hintergrund getreten. Zumindest so gesehen funktioniert die Imageinitiative Pjöngjangs. (Manuel Escher, 24.4.2018)