Schlachten nachzustellen, mit oder ohne Kinder, ruft hierzulande hochgezogene Augenbrauen hervor: Was es da an kuriosen oder kontroversen historisierenden Bräuchen auch in anderen (christlichen) Weltgegenden gibt, wird eben gern zur Seite geschoben, wenn über das Nachspielen der Schlacht von Gallipoli beziehungsweise Çanakkale im Ersten Weltkrieg in einer Wiener Atib-Moschee diskutiert wird.

Die Kinder mit türkischem Hintergrund lernen von Gallipoli, dass man Ungläubige töten darf? Gut, im Ersten Weltkrieg wurde tatsächlich mit dem Jihad-Begriff operiert: unter anderem vom Verbündeten des Osmanischen Reiches, Deutschland, das zu diesem Zwecke ein eigenes Büro unterhielt, das sich mit dem Jihad als Mittel zur Mobilisierung der muslimischen Massen gegen die Briten befasste.

Mit Islam hat die umstrittene Art des Gallipoli-Gedenkens jedenfalls erst einmal nichts zu tun: Es stammt von jenen Türken, die in der Türkei einst das Kopftuch verboten, Atatürks Kemalisten. Ist damit alles in Ordnung? Natürlich nicht. Das heutige Problem ist ja die Vermischung eines zunehmend militarisierten türkischen Nationalismus mit dem Islamismus der AKP: Das ist die Ideologie der neuen Türkei, von der sich viele türkische Verbände nicht distanzieren wollen und die sie – und ihre Kinder – nun von innen auffrisst. Und mit ihnen jene islamischen Gemeinschaften, in denen solche Türken die stärkste Gruppe sind. (Gudrun Harrer, 24.4.2018)