Ihre Leichtigkeit haben sie zuletzt ein wenig vernachlässigt. Dabei war diese mitunter hart erkämpfte Lockerheit um die Hüften eine wesentliche Zutat der Musik von Mouse on Mars.

Es sieht nicht so aus, aber sogar ein Saxofon und eine Pedal-Steel-Gitarre tauchen am neuen Album von Mouse On Mars auf. Anfang Mai gastieren sie in Krems.
Foto: Donaufestival

Das elektronische Duo vermählt in seiner Musik germanische Strenge mit heiterem Easy Living. Dafür nahmen Jan Stephan Werner und Andreas Toma am Beginn ihrer Karriere sogar das Kraftwerk-Mitglied Wolfgang Flür in die Pflicht und schrieben – andererseits – Tracks über die Seele des Beach-Boy-Genies Brian Wilson. Allein in dessen Psyche sind die Leichtigkeit und die Gemütsschwere einander eingebettet wie sonst nur das Yin dem Yang.

Um sich bei dem Spagat nicht zu überdehnen, wärmten Mouse on Mars einschlägig auf – was sich in der Einverleibung des Dub niedergeschlagen hat: In den Höhen zuckten schwindelerregend akustische Stroboskopblitze, unten sorgten Bässe für Erdung und Gelassenheit. So entstanden intelligent klingende elektroakustische Kunstwerke im Albumformat, die als legitime Fortsetzung deutscher Pionierarbeit in diesem Fach ausgelobt wurden. Immerhin kommen Jan Stephan Werner und Andi Toma ursprünglich aus Düsseldorf, der Kraftwerk-Stadt.

Nach vier Jahren Pause kehren Werner und Toma nun mit dem Album Dimensional People zurück. Bei dem am Freitag in Krems startenden Donaufestival wird es live präsentiert werden. Dimensional People ist zwar ein nerdiges Elektronikalbum, doch in ihr Universum luden die beiden Hauptdarsteller einige (Nerd-)Gäste ein. Etwa Justin Vernon alias Bon Iver. Der US-amerikanische Folkie mit eremitischen Neigungen falsettiert derart durch die Mouse-on-Mars-Kunst, dass es beinahe an den Soul eines Curtis Mayfield erinnert: Dort wo es zischelt und rauscht, sucht und findet seine Stimme Anschluss an die Mars-Nager.

Telekom Electronic Beats

Diese gewissermaßen artfremden Duette bereichern die Musik vor allem um Atmosphäre und Charme. Man versteht nicht unbedingt, was gesungen wird, aber es veredelt wie ein Schokoguss. Sogar der ein wenig in Vergessenheit geratene Zach Condon alias Beirut taucht als Gast auf.

In Foul Mouth hört man sein entrücktes Organ durch die Sphären ziehen. Mit der Melancholie des Balkans hat das nichts mehr zu tun, denn Mouse on Mars zerstückeln die Gesangsspur natürlich und montieren sie so zusammen, wie es den repetitiv knarzenden Tracks am besten steht. Respekt vor Stimmen? Gibt es nicht.

96100177 thomas

Sogar Mark E. Smith' quengelnder Nichtgesang kam in den Mix, als das Duo mit dem The-Fall-Sänger 2007 das Album Tromatic Reflexxions veröffentlicht hatte, unter dem Namen Von Südenfed. Zwar wagten sie es nicht, ihn ganz zu entstellen – seine Stimme war seine Visitenkarte -, dennoch sind Stimmen für Mouse on Mars nur eine Klangquelle.

Special Guests

Selbst wenn es nicht immer deutlich vernehmbar ist, befinden sich Cello, Pedal-Steel-Gitarre oder ein Saxofon auf dem Album. Sogar Gitarren, die Aaron Dessner von den Indie-Helden The National spielt. Für ihren Auftritt in Krems sind Special Guests angekündigt – man darf gespannt sein, wer das sein wird. (Karl Fluch, 25.4.2018)