"Ich bin nicht behindert, ich habe Down-Syndrom", sagt Simone K., die sechs Jahre lang als Küchenhilfe gearbeitet hat. Aktuell sucht sie nach einem neuen Job.

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Sie würde gerne wieder arbeiten, am liebsten als Musikantin oder Ärztin, sagt Simone K. (voller Name der Redaktion bekannt, Anm.). Die 35-jährige Tirolerin war sechs Jahre lang als Küchenhilfe in örtlichen Gaststätten tätig. Ebenso lange ist sie nun arbeitslos, ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Mindestsicherung. Der Grund: Die junge Frau hat Trisomie 21 und wurde als "arbeitsunfähig" eingestuft. Das Arbeitsmarktservice (AMS) ist damit nicht mehr für sie zuständig, auch nicht das Sozialministeriumsservice, das etwa Fördermaßnahmen wie das Jugendcoaching organisiert.

Die Einstufung sei eine große, lebenslange Hürde auf dem Weg zurück in den allgemeinen Arbeitsmarkt, kritisiert Markus Neuherz, Geschäftsführer des Dachverbands berufliche Integration Austria (Dabei Austria).

Österreich habe zwar die Behindertenrechtskonvention der EU unterschrieben, wonach alle Menschen, auch jene mit Behinderungen, ein Recht auf Arbeit haben – "die österreichische Gesetzeslage widerspricht allerdings dieser Konvention", so Neuherz.

Paradoxe Situation

Nicht nur müssen Betroffene auf eigene Faust einen Job finden – das Unternehmen bekommt auch nur dann eine Förderung für die Einstellung von Menschen mit Behinderungen, wenn diese einen sogenannten Feststellungsbescheid vorweisen können. Diesen wiederum bekommen als "arbeitsunfähig" Eingestufte erst, wenn sie bereits arbeiten. Eine paradoxe Situation. Neuherz fordert flexiblere Gesetze.

Viele "Abeitsunfähige" landeten also in Tagesstrukturen (ehemalige Beschäftigungstherapie, Anm.), "wo sie weder arbeitslosen- noch pensionsversichert sind", sagt der Dabei-Austria-Geschäftsführer.

Damit, die Arbeitsfähigkeit festzustellen, beauftragt das AMS die PVA, die Pensionsversicherungsanstalt. Kriterium ist eine "Restleistungsfähigkeit" von 50 Prozent. "Eine völlig willkürlich definierte Grenze", sagt Neuherz. Maßstab sei beispielsweise, wie lange der durchschnittliche Arbeitnehmer konzentriert am Stück arbeiten kann. Wird diese minimale Leistungsfähigkeit nicht festgestellt, werde jemand als "arbeitsunfähig" eingestuft.

Die Überprüfung könne entweder gleich nach der Schule erfolgen, "wenn sich Jugendliche beim AMS melden, weil sie zum Beispiel auf Lehrstellensuche sind", erklärt Neuherz. Oder sie kann nachträglich stattfinden, wenn jemand arbeitslos wird, wie im Fall von Simone K.

Karriereziel Musikerin

Sie sehe sich selbst nicht als behindert, sagt die Tirolerin. In den Küchen war es ihre Aufgabe, Salate und Suppen zuzubereiten. "Das hat mir sehr viel Spaß gemacht." Dementsprechend groß sei auch die Enttäuschung gewesen, ihren Job zu verlieren.

Nun widmet K. ihre Zeit der Musik. Sie spiele Keyboard und auch ein wenig Gitarre. "Ich übe sechs Tage in der Woche." Ihr Ziel sei es eben, professionelle Musikerin zu werden. Die junge Frau spielt nicht nur zwei Instrumente, sondern singt auch. "Mir gefällt es, auf der Bühne zu stehen". Auch Ärztin könnte sie sich als Beruf vorstellen. "Ich würde dafür auch sieben Jahre studieren", sagt K., deren großes Vorbild der Bergdoktor ist. Neben ihrem Beruf möchte sie weiterhin kochen, allerdings nur hobbymäßig. Das Lieblingsessen der 35-Jährigen: Lasagne und Spargelgerichte. (Lisa Breit, 25.4.2018)