Wien – Die türkis-blaue Regierung will noch vor dem Sommer Pläne zur Reform der Sozialversicherung vorlegen. Neben der Zusammenlegung von Versicherungsanstalten wird es dabei auch um eine weitere Vereinheitlichung der Leistungen und Selbstbehalte gehen. DER STANDARD beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema:

Frage: Wurden nicht schon einige Leistungen angeglichen?

Antwort: Ja, die Krankenkassen haben im Vorjahr in zwei Etappen diverse Leistungen vereinheitlicht, bei denen es zuvor unterschiedliche Zuschüsse oder Selbstbehalte gab. Ein paar Beispiele: Für Rollstühle werden nun einheitlich bis zu 3.320 Euro zugeschossen, für saugende Inkontinenzprodukte und Perücken bei krankheitsbedingtem Haarausfall gewähren alle Kassen bis zu 1.328 Euro. Wer ein Blutzuckermessgerät braucht, hat nun überall einen Selbstbehalt von 33,20 Euro, bei Flüssigsauerstoff fällt eine einmalige Rezeptgebühr von sechs Euro an.

Frage: Wo gibt es noch Unterschiede?

Antwort: In fünf Bereichen gibt es laut Hauptverband der Sozialversicherungsträger noch größere Unterschiede (Psychotherapie, Physiotherapie, Orthopädie, Hörakustik, Kinderversorgung). In anderen Bereichen haben sich die Kassen bereits auf Mindeststandards geeinigt, die zum Teil aber wieder überboten werden. Ein Beispiel: Alle Kassen haben Selbstbehalte von 30 Prozent bei Zahnspangen. Dort, wo es aber vor dem 1. Jänner niedrigere Selbstbehalte gab (Bauern, Beamte), bleiben diese bestehen.

Die konkreten Regelungen zeigt diese Tabelle:

Frage: Warum gestaltet sich die Angleichung so schwierig?

Antwort: Niemand will Verschlechterungen für seine Versicherten akzeptieren. So bekommen Bauern 17 Euro Zuschuss für die Zeckenimpfung, Beamte erhalten 16 Euro, alle anderen nur vier Euro. Passt man Leistungen aber immer nur nach oben und nicht nach unten an, wird das natürlich teuer.

Frage: Wie viel kostet denn die Angleichung der Leistungen?

Antwort: Bei den bisherigen Harmonisierungen durften keine Verschlechterungen erzielt werden, rund 45 Millionen Euro an jährlichen Mehrkosten sind dadurch angefallen. Bleibt man bei diesem Prinzip, würde die Beseitigung der noch bestehenden Unterschiede weitere rund 45 Millionen pro Jahr kosten, schätzt Hauptverbandschef Alexander Biach.

Frage: Wie sehen nun die nächsten Schritte aus?

Antwort: Bis zum Sommer werden konkrete Berechnungen angestellt. Im Herbst sollten Verhandlungen mit den Vertragspartnern, also etwa der Interessenvertretung der Psychotherapeuten oder der Orthopäden, stattfinden. Anfang 2019 könnten weitere Harmonisierungsschritte in Kraft treten, meint Biach.

Für die Zeckenschutzimpfung bekommt man als Versicherter einer Gebietskrankenkasse vier Euro Zuschuss, die Bauern und Beamten bekommen deutlich mehr.
Foto: apa

Frage: Hat die geplante Reduktion auf fünf Versicherungsträger Auswirkungen auf diese Debatte?

Antwort: Werden die neun Gebietskrankenkassen zu einer Österreichischen Gesundheitskasse zusammengelegt, würde das die Verhandlungen schon erleichtern, glaubt Biach. Allerdings wird es auch dann noch mehrere Versicherungen geben. Zur Erinnerung: Im Gespräch ist eine Fusion von Selbstständigen und Bauern sowie Öffentlicher Dienst und Eisenbahner. Akkordierte Konzepte gibt es aber noch nicht.

Frage: Was würde sich darüber hinaus durch eine Zusammenlegung von Versicherungsträgern ändern?

Antwort: Von der Grundidee her soll die Österreichische Gesundheitskasse bundesweite Gesamtverträge abschließen. Es würde aber weiterhin neun Landesstellen geben, die für die regionale Planung sowie für Verhandlungen mit den Landesärztekammern zuständig wären. Laut Regierung soll auch die Zahl der Funktionäre reduziert werden, wobei aber Details noch unklar sind. Wie berichtet wird intern diskutiert, wie sich der Bund mehr Einfluss in den von den Sozialpartnern dominierten Kassen sichern könnte.

Frage: Welche Schwierigkeiten stellen sich bei der Zusammenlegung von Bauern und Selbstständigen?

Antwort: Unterschiede gibt es derzeit vor allem bei der Berechnung der Beiträge. Bei den Bauern kommen die sogenannten Einheitswerte der Grundstücke, die oft weit von Marktpreisen entfernt sind, zur Anwendung, bei den Selbstständigen die Einkünfte. Ob es hier zu einer Angleichung kommt, ist offen.

Frage: Gibt es sonst noch Unterschiede bei den Beiträgen?

Antwort: Keine großen. Der Beitragssatz für die Krankenversicherung liegt bei Arbeitern, Angestellten, freien Dienstnehmern, Selbstständigen und Bauern bei 7,65 Prozent. Im Öffentlichen Dienst ist er geringfügig niedriger (7,635), in der Pension dann aber etwas höher (8,435 Prozent). Selbstversicherte Studenten müssen 7,55 Prozent zahlen. Eine Besonderheit gibt es im Öffentlichen Dienst und bei den Selbstständige: Dort gibt es einen 20-prozentigen Selbstbehalt. (Marie-Theres Egyed, Günther Oswald, 25.4.2018)