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Junge Wähler verhalten sich in der Wahlkabine eher anders als ältere und nehmen zudem ihr Wahlrecht seltener in Anspruch.

Foto: AP Photo/Ronald Zak)

Wenn das Wahlverhalten von Älteren und Jüngeren auseinanderdriftet, ist das dann als Hinweis auf einen Interessenkonflikt zwischen den Generationen zu interpretieren? Selten war das so drastisch wie beim Brexit-Votum, wo Umfragen ergaben, dass jüngere Menschen gegen den Brexit gestimmt haben und Ältere dafür. Die Älteren haben also über die Zukunft der Jungen bestimmt, und zwar gegen deren Interessen.

Die Landtagswahl in Salzburg am vergangenen Sonntag hat wieder recht deutlich Unterschiede im Wahlverhalten nach Altersgruppen gezeigt: je jünger, desto eher Neos und Grüne, je älter, desto eher ÖVP. Bei FPÖ und SPÖ waren die Trends nicht so eindeutig ausgeprägt. Für die FPÖ gab es starke Ergebnisse in der mittleren Altersgruppe, und die SPÖ brach aus dem über lange Jahre geprägten Schema aus, dass sie vor allem bei Älteren punktet.

Daher stellt sich Frage: Werden die Generationenunterschiede größer, oder war das immer schon so? War die Wahl in Salzburg die Ausnahme oder die Regel? Und was liegt überhaupt als Begründung dahinter?

Prägende erste Eindrücke

Unterschiede im Wahlverhalten zwischen Altersgruppen können viele Ursachen haben, grundsätzlich vermischen sich da mehrere mögliche Effekte: Zum einen gibt es den sogenannten Kohorteneffekt, der beschreibt, dass Menschen, die zur gleichen Zeit politisch sozialisiert wurden, durch die Ereignisse und politischen Strömungen dieser Zeit besonders geprägt sind. Diese ersten Eindrücke prägen die politische Biografie der Menschen aus einer Kohorte. Wenn man sich einmal für eine Partei entschieden hat, dann ist es leichter, bei dieser Entscheidung zu bleiben, als sie zu ändern. Dem Wahlverhalten liegt immer noch eine gewisse Trägheit zugrunde.

Ganz anders äußert sich der Lebenszykluseffekt: Die Phase, in der man sich befindet, ist mitentscheidend dafür, welche Themen einem persönlich gerade besonders wichtig sind. Wer zum Beispiel kleine Kinder hat, interessiert sich auf einmal für das Thema Kinderbetreuung, das ihn oder sie Jahre zuvor kaum bewegt hat. Diese Themenpräferenzen können sich im Lauf des Lebens deutlich verschieben. In diese Kerbe schlagen auch Befunde zum Beispiel aus Großbritannien, dass die Menschen mit zunehmendem Alter jedes Jahr ein bisschen konservativer werden.

Es können sich aber auch strukturelle Unterschiede hinter divergierendem Wahlverhalten verbergen. Jüngere Menschen verfügen im Schnitt über höhere Bildung als Ältere, leben in anderen Einkommens- oder Wohnsituationen und konsumieren andere Medien. Dann stellt sich die Frage, ob ein vermeintlicher Alterseffekt nicht vielmehr ein sozialer Effekt, ein Effekt der Bildung oder ein Medieneffekt ist. Wenn man nun unterschiedliche Wahlergebnisse nach Alter sieht, kann man auf den ersten Blick nicht sagen, was die eigentliche Ursache ist. Dazu bräuchte man seriöserweise umfangreiche Langzeitstudien, die eine Person über viele Jahre oder Jahrzehnte begleiten. Solche Studien fehlen aber in Österreich. Wir können also nur beobachten und Schlüsse ziehen.

Man weiß für Österreich, dass in den 1980er-Jahren mit dem Erstarken der Grünen und der FPÖ die Unterschiede im Wahlverhalten nach Alter etwas größer wurden. Jüngere Menschen wählten etwas häufiger Grüne oder FPÖ und ältere häufiger ÖVP oder SPÖ. Das konnte lange als Regierung versus Opposition oder auch als alte versus neue Parteien interpretiert werden. Auch die Neos wurden bei ihrem ersten Antreten zur Nationalratswahl 2013 verstärkt von Jungen gewählt. Aber nicht jede "neue" Partei zieht automatisch jüngere Wähler an. Das Team Stronach wurde bei der Nationalratswahl 2013 überdurchschnittlich oft von älteren Menschen gewählt.

Alterseffekt

Dieser Alterseffekt zugunsten der Grünen und der Freiheitlichen war eigentlich immer vorhanden. Bei den Freiheitlichen waren die Alterseffekte, etwas verallgemeinert gesagt, auf den ersten Blick dann besonders stark, wenn sie besonders erfolgreich waren, also zum Beispiel 1999. Dass die Freiheitlichen jetzt häufig sehr gute Ergebnisse in der Gruppe der 30- bis 60-Jährigen erzielen, ist doch ein Hinweis darauf, dass junge FPÖ-Wähler aus den 1990er-Jahren bei den Freiheitlichen geblieben oder zumindest immer wieder zu ihnen zurückgekehrt sind.

Und ebendiese Entscheidung für Grün oder Blau basiert stärker auf "neuen" Themen, die nicht mehr nur das alte ökonomische Links-rechts-Schema, den alten Konflikt zwischen Arbeit und Kapital betreffen, sondern auch die soziokulturelle Links-rechts-Dimension, die Aspekte wie nationale und kulturelle Identität, Einstellung zur Zuwanderung et cetera beinhaltet. Die Themenpräferenzen sind hier die eigentliche Ursache, weniger das Alter.

Was man aber jedenfalls auch weiß: Jüngere Wähler nehmen – mit Ausnahme der 16- und 17-jährigen Erstwähler – auch in Österreich im Allgemeinen ihr Wahlrecht seltener in Anspruch als ältere. Dieses Phänomen verstärkt die rein zahlenmäßige Überlegenheit der älteren Wähler und reduziert schlussendlich den Einfluss der Jungen auf das Wahlergebnis. (Eva Zeglovits, 25.4.2018)