Satellitenbild des Testgeländes, 13. April 2017

Foto: APA/AFP/Airbus Defense & Space

Nordkorea hat am 10. März versprochen, in Zukunft keine Atombomben und Langstreckenraketen mehr zu testen. Der Teststopp wurde anfangs als Zugeständnis an US-Präsident Donald Trump gesehen, könnte aber auch andere Gründe haben: Nordkorea ist laut chinesischen Geologen derzeit nicht in der Lage, Atomtests auf seinem Versuchsgelände im Nordosten des Landes durchzuführen.

Der Berg Mantap über der Anlage in Punggye-ri sei nach dem letzten Test im September eingestürzt, berichteten Wissenschafter der Chinesischen Universität für Wissenschaften und Technik in einer Studie, aus der Auszüge am Donnerstag auf der Website der Hochschule veröffentlicht wurden.

Sie werteten für ihre Untersuchung die Messdaten eines von ihnen so bezeichneten "Erdbebenschwarms" aus, der sich kurz nach dem bisher größten Atomtest Nordkoreas im September ereignet hatte. Auf den Seismogrammen fiel den Forschern ein besonders starker Impuls auf, der achteinhalb Minuten nach der ursprünglichen Detonation aufgezeichnet wurde.

Umweltkatastrophe befürchtet

Sie interpretieren diese Spitze als Einsturz eines Tunnels. Jeder neue Test würde jetzt "einen viel größeren Zusammensturz verursachen, der zu einer Umweltkatastrophe führen würde", heißt es in einer Studie. Es wird befürchtet, dass dabei radioaktive Isotope von früheren Tests an die Erdoberfläche und in die Atmosphäre gelangen könnten. Daten des US-Geologiebehörde zufolge dauerten die Nachbeben bis Dezember.

Robert Kelley, ein ehemaliger Inspektor der in Wien beheimateten Internationalen Atomenergieagentur, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, das Testgelände sei seinen Informationen zufolge so schwer beschädigt, dass es nicht mehr benutzt werden könne. Entsprechend gebe Nordkorea mit seinem Teststopp gar nichts auf, sagt Kelley. "Ich würde davon ausgehen, dass die Anlage zu stark beschädigt ist, um noch genutzt werden zu können."

USA wollen Zutritt zum Testgelände

"Aufgrund des Zusammenbruchs der nordkoreanischen Testanlage ist es notwendig, die Messung von radioaktiver Strahlung, die möglicherweise entwichen ist, fortzusetzen", erklärten die chinesischen Geologen. Die USA haben Nordkorea in der Vergangenheit mehrmals aufgefordert, Zutritt zum Testgelände zu ermöglichen, um dort Proben zu sammeln. Diese könnten Aufschluss über den Stand der nordkoreanischen Atombombenforschung ermöglichen. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat zwar den Atomreaktor Yongbyon inspiziert (derStandard.at berichtete), Punggye-ri jedoch noch nie.

Nordkorea sprach bei der Ankündigung von einem Schritt, der eine "transparente Garantie" für die angekündigte Einstellung der Atom- und Raketentests darstellen würde. Damit werde möglicherweise die Tür für eine Verifizierung vor Ort geöffnet, sagt David Albright vom Institute for Science and International Security in Washington. Solche Untersuchungen durch das US-Verteidigungsministerium dürften das Ziel von Präsident Trump bei etwaigen Verhandlungen sein, sagt Kelley. Allerdings wären der Regierung in Pjöngjang internationale Experten wohl lieber.

Zweifel an Studie

Dagegen halten andere Experten wie Joshua Pollack vom Middlebury Institute of International Studies eine Schließung der Anlage für wahrscheinlicher, als dass sie wirklich unbrauchbar gemacht wird. Nordkorea habe die Schließung von sich aus angekündigt und nicht als Teil von Verhandlungen. "Warum sollten sie zulassen, dass wir Informationen über ihre früheren Tests sammeln?" Eine bloße Schließung wäre seinem Institutskollegen Jeffrey Lewis zufolge ein eher geringer Beitrag zur Entspannung. "Es handelt sich um Tunnel, nicht um Schächte", sagt er. "Selbst im besten Fall, bei dem Nordkorea die Tunnel als PR-Stunt schließen würde, wäre das sinnlos. Man kann sie einfach wieder aufmachen."

Experten der auf Nordkorea spezialisierten Nachrichtenseite "38 North" des US-Korea-Instituts der Johns-Hopkins-Universität widersprachen der Darstellung jedoch. Laut "38 North" hat Pjöngjang nach dem jüngsten Atomtest das Nordportal zu seiner unterirdischen Anlage zwar aufgegeben, bis Anfang März sei jedoch am Westportal ein weiterer "signifikanter neuer Tunnelbau" entdeckt worden. Es gebe deshalb keine Grundlage für die Behauptung, dass das Gelände nicht mehr für Atomtests geeignet sei, schrieben die Experten.

Bei ihrem ersten Gipfeltreffen am Freitag wollen sich Nordkoreas Machthaber und Südkoreas Präsident Moon Jae-in auf atomare Abrüstung und eine langfristige Friedenslösung konzentrieren. (bed, APA, Reuters, 26.4.2018)