Laut Angeklagtem handelt es sich bei "mindestens einem Drittel um Walross- oder Mammutstoßzähne". Dem widerspricht eine Laboranalyse des Gutachters: Die beschlagnahmten Zähne gehörten Elefanten.

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Wien – Die Geschichte begann an einem "faden" Sonntag in der Josefstadt und endet nun am Wiener Landesgericht. Ins Rollen war der für Österreich bislang beispiellose Prozess um Artenschutz durch eine aufmerksame Zeugin gekommen: Da an dem besagten Sonntag nichts los war, fiel ihr ein weißer Kastenwagen ins Auge. In der Folge beobachtete sie den Verkauf von drei Stoßzähnen auf offener Straße. Der nun Angeklagte war damals Käufer und wurde ausgeforscht. Im November 2016 wurden in seiner kaum 50 Quadratmeter großen Wohnung im achten Wiener Gemeindebezirk 88 Stoßzähne gefunden. Seit 1982 ist der Handel mit Elfenbein verboten. Grundlage ist das Washingtoner Artenschutzübereinkommen. Ob das Elfenbein tatsächlich, wie der 67-Jährige versicherte, vor Inkrafttreten in seinen Besitz kam, ist Inhalt der für zwei Tage anberaumten Verhandlung.

Laut Fahndern handelt es sich um den größten Elfenbeinaufgriff in Österreich und den zweitgrößten in der EU. "Ich schaue das sehr gern an", erklärte der Angeklagte, der bis zur Pensionierung als Promi-Masseur arbeitete, Richterin Martina Spreitzer-Kropiunik, warum er mehr als eine halbe Tonne Elfenbein hortete. Er versicherte, die Stoßzähne von einem mittlerweile verstorbenen Ägypter 1979 übernommen zu haben. Der "gute Freund der Familie" habe Spielschulden gehabt, weshalb er ihm Geld borgte und später dessen Elfenbein aufkaufte. Die Tochter jenes Ägypters, die bis zum 20. Lebensjahr in der familiären Wohnung lebte und danach oft zu Besuch war, ließ wissen, dass sie zu Hause nie Elfenbein gesehen hatte.

Staatsanwalt Bernhard Mascha rekonstruierte ein anderes Zeitfenster: So habe sich der 67-Jährige das Elfenbein zwischen 2012 und 2016 zugelegt. Mascha betonte in seinem Eingangsplädoyer, dass es sich keineswegs um ein "Kavaliersdelikt", sondern um ein "Verbrechen an der Natur" handle. Denn in Afrika werden mittlerweile mehr Elefanten für ihr Elfenbein getötet als neu geboren. Laut Weltnaturschutzunion ist die Zahl der Elefanten in Afrika seit 2006 um 111.000 auf 415.000 gesunken. In 15 Jahren werden die Tiere in diesem Tempo in freier Wildbahn ausgestorben sein.

Der globale Umsatz mit dem illegalen Verkauf von Wildarten wird auf 23 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt und ist damit nach Drogenhandel, Menschenhandel und Produktpiraterie die viertgrößte Verbrechenskategorie. "Das Geld fließt in organisiertes Verbrechen und finanziert Terroristen in Afrika", sagt WWF-Artenschutzexperte Georg Scattolin.

Zweifel äußerte der Staatsanwalt übrigens auch am Boxweltmeistertitel des Österreichers mit ägyptischen Wurzeln, den er 1975 in_Kairo erworben haben will. Dem widersprach etwa die Vize-Präsidentin des Faustkämpferverbandes Austria in einem Interview. Das Beweisverfahren wird am Mittwoch fortgesetzt. (Julia Schilly, 28.4.2018)