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Elisabeth Moss spielt auch in der zweiten Staffel von "The Handmaid's Tale" die Magd Offred, drangsaliert von Ann Dowd als Tante Lydia.

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Wien – Niemand weiß, was die Zukunft bringt: Dunkelheit oder Licht. Um Offred/June wurde es am Ende der ersten Staffel von "The Handmaid's Tale" finster. Mit einem Cliffhanger, der sich gewaschen hat, endete vor knapp einem Jahr die dystopische Serie. Dem Publikum stockte der Atem.

SPOILER-ALARM: In der Folge wird die Rahmenhandlung grob umrissen, auf Details weder der ersten noch der zweiten Staffel wird nicht eingegangen.

Zu Ende gegangen war ein feministisches Manifest. Die Serie zeichnete nach der gleichnamigen Romanvorlage der kanadischen Schriftstellerin Margaret Atwood ein düsteres Bild von einer totalitären Gesellschaft, die sich nicht mehr vermehren kann und deshalb die letzten verbliebenen fruchtbaren Frauen wie Zuchtvieh hält. Eine davon ist Offred, früher June (Elisabeth Moss). Als "Magd" verrichtet sie im Haus von Mr. und Mrs. Waterford (Joseph Fiennes, Yvonne Strahovski) Fortpflanzungsdienst, gegen den sie schließlich rebelliert.

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Der Reiz von Dystopie

Dass Offreds Weg kein leichter bleibt, sahen die US-Abonnenten der Streamingplattform Hulu am Mittwoch. Die erste Staffel – hierzulande auf Amazon abrufbar, einen Starttermin für die Fortsetzung gibt es da noch nicht – endete, wo in Atwoods Roman Schluss war. 13 neue Folgen schrieb der Drehbuchautor Bruce Miller danach in Abstimmung mit der Schriftstellerin. Zwischenstand nach zwei ausgestrahlten Folgen: Die Schwarmmehrheit ist zufrieden. "The Handmaid's Tale" kommt zur richtigen Zeit.

Der Reiz von Dystopie in Serien reißt nicht ab: Katastrophen, Kriege, totalitäre Regime bilden die Kulisse für Guerillaeinheiten, die gegen die Ungerechtigkeit in der Welt aufstehen. Serien wie "The 100", "SS-GB", "The Man in the High Castle" und natürlich "The Walking Dead" locken mit pessimistischen Szenarien und tapferen Helden, die umzingelt von Feinden ums Überleben kämpfen.

Die Geschichte geht ans Eingemachte

"The Handmaid's Tale" sticht insofern hervor, als sich der Horror dieser pervertierten Gesellschaft durch eine extrem detailreiche (Film-)Sprache ausbreitet – und deshalb erschreckend realistisch bleibt: "Gesegnet sei die Frucht", grüßt die Magd in rotem Kleid und weißer Flügelhaube, und die andere antwortet: "Möge der Herr mich öffnen." Es könnte passieren, weil radikalisierte Menschen zu allem fähig sind. Stellvertretend für diese Spezies der Entmenschlichten steht die grausame Ausbildnerin Tante Lydia (Ann Dowd), ein Nazi, der per Stromschlag in die Knie zwingt.

Die Geschichte geht mit dem Reproduktionsthema ans Eingemachte und wird nicht zuletzt deshalb als Allegorie der heutigen US-Politik gelesen, weil Äußerungen von Republikanern über Geburtenkontrolle und Abtreibungsverbot unter Donald Trump wieder stärker gehört würden.

Die Frage, ob "The Handmaid's Tale" auch funktioniert hätte, wäre Hillary Clinton Präsidentin geworden, Feminismus also ein Feindbild braucht, beantwortet Atwood vage: "Es hätte als Show funktioniert", gibt sie sich in "Variety" überzeugt, "aber nicht auf dieselbe Weise." (Doris Priesching, 26.4.2018)