Man möchte gar nicht glauben, wie viel versteckter Terrorismus in den täglichen Karikaturen einer Zeitung steckt, doch die türkische Justiz möchte das die Bürger ihres Landes glauben machen. Selbst der Karikaturist der alteingesessenen Tageszeitung Cumhuriyet, Musa Kart, ist nun als angeblicher Terrorgehilfe zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden, gemeinsam mit 13 anderen Journalisten der Redaktion.

Zeichnen ist gefährlich geworden in der Türkei, Schreiben sowieso. Selbst das, was zwischen den Zeilen vermutet wird, also das Gedachte, kann sich in der türkischen Gesinnungsjustiz zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe unter erschwerten Bedingungen summieren – wie jüngst im Fall des Schriftstellers und ehemaligen Chefredakteurs einer anderen Zeitung, Ahmet Altan. Kommt einem bekannt vor? Richtig. "Gedankenverbrechen" und andere juristische Konstruktionen ohne Beweise gab es schon in George Orwells Zukunftsroman 1984.

Problematisch war die Rechtsprechung in der Türkei immer schon. Dieses Ausmaß an absurden Anklagebegründungen und offenkundig politisch motivierter Vergeltung aber ist neu. Der türkische Staatschef hatte die Verhängung des Ausnahmezustands im Land im Sommer 2016 mit der Verfolgung der Putschisten begründet. Geworden ist daraus der Versuch, Regierungskritiker zum Schweigen zu bringen. Der Cumhuriyet-Prozess hat es gezeigt. (Markus Bernath, 26.4.2018)