Uber lässt die Wogen in Wien hochgehen, nicht nur jene der Taxifahrer.

Foto: Aydogdu Fatih

Frage: Was sind die Streitpunkte rund um Uber?

Antwort: Zwei Vorwürfe stehen im Zentrum der Kritik an Uber. Das kalifornische Unternehmen soll sich in vielen Ländern nicht an die gesetzlichen Spielregeln halten, wodurch der Wettbewerb verzerrt wird. Zudem soll Uber seine Fahrer miserabel bezahlen.

Frage: Stimmt das?

Antwort: Eine diese Woche ergangene einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien gegen Uber gibt all jenen recht, die dem Unternehmen unfaire Wettbewerbspraktiken nachsagen. Das Gericht hat festgehalten, dass Uber in Wien eigentlich Taxidienste anbietet, sich aber nicht an die Spielregeln hält, die für Taxis gelten. Offiziell sind die Uber-Fahrer im Mietwagengewerbe tätig. An die Spielregeln dort hält sich Uber aber auch nicht.

Frage: Warum weiß man das?

Antwort: Der Kläger, die Taxifunkzentrale 40100, hat Testfahrten durchgeführt. Ein Testfahrer fuhr mit Uber zu Punkt X. Dort wartete der nächste Tester, der einen Wagen bestellte. So wurde der Gesetzesbruch dokumentiert – die Falle schnappte zu. Noch gibt es nur eine einstweilige Verfügung gegen Ubers Geschäftsmodell. Das Unternehmen kann in der Hauptverhandlung, in der Beweise intensiver gewürdigt werden, also auch obsiegen.

Frage: Warum nutzt Uber Mietwagen?

Antwort: Weil Uber dann billiger seine Dienste anbieten kann, siehe Unterschied zwischen Uber und Taxi.

Frage: Und beutet Uber seine Fahrer aus?

Antwort: Mit dem aktuellen Verfahren steht diese Frage nicht im Zusammenhang. Dass die billigen Preise von Uber nur auf dem Rücken der Mitarbeiter ermöglicht werden, ist aber ein häufiger Vorwurf. Simpel ist die Antwort aber nicht. Für Uber-Fahrer gelten in Österreich nämlich klare Vorgaben. Uber verfügt selbst über keine Autos, sondern arbeitet mit Mietwagenunternehmen zusammen. Diese Unternehmen fahren für Uber. Sind die Uber-Fahrer bei diesen Firmen angestellt, gilt für sie derselbe Kollektivvertrag (KV) wie für die Taxifahrer. Der Mindestlohn ist mit etwa 1.200 Euro sehr niedrig. Die Vorteile einer Anstellung – bezahlter Urlaub, bezahlte Krankentage – stehen Mitarbeitern aber gesetzlich zu.

Frage: Kann Uber diese Regeln nicht umgehen und lauter Scheinselbstständige beauftragen?

Antwort: Auf dem Papier ist auch das nicht möglich. Wer selbstständig für Uber fahren will, braucht einen Gewerbeschein – und im Gegensatz zu vielen anderen liberalisierten Branchen sind die Regeln hier strikt. Wer ein Mietwagengewerbe anmeldet, muss drei Jahre Berufserfahrung nachweisen, eine Prüfung mit Schwerpunkt Buchhaltung ablegen. Neben einem eigenen Pkw und Abstellplatz müssen 7.500 Euro Eigenmittel verfügbar sein. Eine Bescheinigung aus dem Ausland reicht nicht, ein Fahrer aus Bratislava kann nicht einfach in Wien unterwegs sein. Laut dem zuständigen Amt in Wien wird etwa die Hälfte der Anträge auf Gewerbeschein abgelehnt. Aber auch hier gilt: wo kein Kläger, da kein Richter.

Frage: Was bedeutet das?

Antwort: Uber wird immer wieder vorgeworfen, die Regeln trotzdem zu brechen. Eine effektive Aufsicht auf den Wiener Straßen ist schwierig, die Finanzpolizei kann nur Stichproben kontrollieren. Für Gesetzesverstöße gibt es Hinweise. In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung erklärte 2017 das Sozialministerium, dass es bei Kontrollen von Uber-Fahrern "Anhaltspunkte für den Verdacht auf Lohndumping, Sozialbetrug und Abgabenhinterziehung" gab. Bei Kontrollen angetroffene Personen, die für Uber tätig waren, verfügten "weder über aufrechte Arbeitsverträge noch Gewerbescheine". Unklar ist, ob das systematische Verstöße oder Einzelfälle sind. Studien dazu gibt es nicht, sondern nur anekdotische Evidenz. Es gibt Uber-Fahrer, die von normalen Anstellungsverhältnissen erzählen. Andere berichten, dass sie horrende Summen für die Autos, die sie nutzen, zahlen müssen und kaum etwas verdienen.

Frage: Hat Uber in Österreich einen Sitz?

Antwort: Uber hat mehrere Geschäftsstellen in Wien, über diese wird aber nur das Marketing abgewickelt. Der europäische Mutterkonzern sitzt in den Niederlanden – würde Uber Gewinne machen, wären diese dort zu versteuern. Uber bietet nach eigener Definition nur Dienstleistungen als elektronischer Fahrtenvermittler an. Man sieht sich nicht als Verkehrsdienstleister. Daher braucht Uber keine Präsenz in anderen EU-Ländern, so der Konzern. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof dem im Dezember 2017 widersprochen: Uber biete eigentlich sehr wohl Verkehrsdienstleistungen an. Das Unternehmen vermittle nicht bloß zwischen Lenker und Kunde, sondern organisiere die Fahrten. Für Verkehrsdienstleister gelten strikte Regeln in der EU. Die Wirtschaftskammer (WKO) bereitet schon eine Klage gegen Uber vor. Laut WKO müsste Uber Sitz und Gewerbe in Wien anmelden.

Frage: Wie funktioniert Uber anderswo?

Antwort: Ob New York, Paris oder London: Uber versucht als elektronische Plattform die strikten Regeln für Taxi- und Verkehrsunternehmen zu umgehen. In den USA ist es einfach: Dort bietet Uber seinen Dienst Pop an. Dieser ermöglicht es Privatleuten, Menschen gegen Geld herumzufahren. Ein Gewerbeschein ist nicht erforderlich. In Großbritannien war das System ähnlich, 2017 wurde Uber in London die Lizenz entzogen. Auch hier tobt ein Streit über das Wesen von Ubers Angeboten. Uber expandiert dennoch. Das Unternehmen führt 40 Millionen Fahrten durch – im Monat. Uber-Angebote gibt es in weltweit 700 Städten. (András Szigetvari, 26.4.2018)