Wenn Sie an die alten Schwarz-Weiß-Fotografien in Ihren Familienalben denken und vor Ihrem geistigen Auge mehr Motorräder als Autos auftauchen, dann ist das keine verzerrte Erinnerung.

In der Zwischen- und Nachkriegszeit waren Automobile für die meisten unerschwingliche Luxusprodukte, und selbst in der Wirtschaftswunderzeit beschieden sich viele mit der leistbareren Alternative Motorrad, sodass bald sechs von zehn Fahrzeugen auf Österreichs Straßen einspurig waren. Erst 1965 übertraf die Zahl der Pkws erstmals jene der Krafträder.

Bis in die 1990er-Jahre stieg der Anteil der Pkws auf mehr als 70 Prozent, wo er seither stagniert; absolut nimmt ihre Zahl aber unverdrossen zu. Alleine in den vergangenen zehn Jahren erhöhte sich die heimische Pkw-Flotte von 4,28 auf 4,9 Millionen Stück. Auf tausend in Österreich lebende Menschen entfallen rechnerisch 555 Pkws.

1985 konnten sich 1.000 Einwohner im arithmetischen Mittel nur 335 Fahrzeuge leisten – und die bekamen weniger für ihr Geld, waren doch Lebensretter und Bequemlichkeiten wie ABS, Airbag und Servolenkung noch keine Seriennorm.

Das Stadt-Land-Gefälle

Ein Stadt-Land-Gefälle ist bei der Kennzahl der Pkw-Dichte nicht ungewöhnlich, schließlich sind Stadtbewohner aufgrund kürzerer Wege und der meist gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsmittel nicht so sehr auf eigene Vehikel angewiesen. Und so ist es kein Wunder, dass die Karte des Motorisierungsgrads einer invertierten Karte der Bevölkerungsdichte ähnelt.

Waidhofen an der Thaya (720 Pkws je 1.000 Einwohner), Zwettl (704) und Südoststeiermark (696) sind die am stärksten motorisierten Bezirke – lässt man den ersten Wiener Gemeindebezirk außer acht, wo die relativ niedrige Einwohnerzahl und die hohe Zahl der an prestigeträchtigen Adressen angemeldeten Firmenwagen für einen Wert von 988 sorgen. Am unteren Ende der Liste stehen die Wiener Bezirke Brigittenau (289), Margareten (288) und Rudolfsheim-Fünfhaus (274).

Foto: APA/HARALD SCHNEIDER

Der Netzausbau

Immer mehr Fahrzeuge erzwingen ein immer engmaschigeres Straßennetz. Die Länge der hochrangigen Verkehrsverbindungen, zu denen in Österreich Autobahnen und Schnellstraßen zählen, hat sich zwischen 1969 und 2018 von 439 auf 2.232 Kilometer verfünffacht.

Quelle: Asfinag

Und welche Fabrikate bewegen die Österreicher auf diesem Netz? Ein kurzer Blick auf die nächste Straße wird die Zulassungsstatistik bestätigen: deutsche und französische mit fernöstlichen Einsprengseln. Von 90.606 im ersten Quartal 2018 erstangemeldeten Pkws lassen sich 33.623 auf den Volkswagen-Konzern und seine Marken VW, Škoda, Seat, Audi, Porsche und Bentley zurückführen; ein Marktanteil von satten 37,1 Prozent.

Die VW-Vorherrschaft

VW und seine beiden Verfolger, die französische Groupe PSA (11,8 Prozent Marktanteil unter anderem mit den Marken Opel, Peugeot, Citroën und DS) und das Renault-Nissan-Bündnis (11,7 Prozent Marktanteil unter anderem mit den Marken Renault, Nissan, Mitsubishi, Dacia und Lada) teilen sich mehr als die Hälfte des österreichischen Marktes auf.

Die Präferenz der Österreicher für Autos vom eigenen Kontinent lässt die Marken der großen amerikanischen und asiatischen Hersteller Randerscheinungen bleiben: Toyota, nach VW der zweitgrößte Automobilproduzent der Welt, liegt im österreichischen Markenranking nur auf Rang 17, und die globale Nummer fünf, der US-amerikanische General-Motors-Konzern, war mit drei Chevrolets und zwei Cadillacs im ersten Quartal in Österreich quasi nicht existent.

Die ferne Zukunft der E-Mobilität

Das liegt vielleicht auch daran, dass amerikanische Fabrikate sowohl hinsichtlich der Motorisierung als auch der Karosserie gerne größer und stärker ausfallen, was dem österreichischen Trend widerspricht.

Die Zahl der neu angemeldeten Fahrzeuge über 1.500 cm3 Hubraum – einem durchschnittlichen Wert der Golf-Klasse – sank zwischen 2000 und 2017 um mehr als 16 Prozent, jene der Fahrzeuge mit kleinerem Zylindervolumen stieg um 81 Prozent.

Dass der Hubraum nach wie vor eine relevante Messgröße ist und nicht die Anzahl der Lithium-Ionen-Zellen oder Kilowattstunden, wird bei einem Blick auf die Antriebsformen beziehungsweise Kraftquellen der Neuzulassungen deutlich. Die Zukunft mag den Elektroautos gehören – wenn der Zuwachs in absoluten Zahlen anhält, könnte das in Österreich aber noch dauern.

Denn auch wenn sich die Zahl der angemeldeten reinen und hybriden E-Fahrzeuge seit 2011 um 35.000 erhöhte, stieg der Bestand der Diesel gleichzeitig um rund 264.000 und jener der Benziner um 83.000 Exemplare.

Rechnet man die Diesel-Elektro-Hybride und die Benzin-Elektro-Hybride heraus, dann scheint die E-Zukunft in noch weitere Ferne zu rücken. Der Gesamtbestand aller reinen Elektroautos betrug am Ende des Vorjahres in Österreich 14.618 – das waren weniger als 0,3 Prozent aller Fahrzeuge und weniger, als die Einzelmarke VW trotz Abgasskandals allein im ersten Quartal 2018 absetzen konnte. Zwar ist der Imageverlust des Diesels tatsächlich an einem geringeren Absatzanstieg von 2016 auf 2017 abzulesen; davon profitierte aber der Benziner wesentlich mehr als der Elektromotor.

Wir sprechen hier jedoch noch immer von absoluten Zahlen; die prozentuellen Zuwächse relativieren diese Entwicklungen. So gesehen wuchs die Zahl der Elektro- und -hybridfahrzeuge seit 2011 auf nicht weniger als 597 Prozent des Ausgangswertes.

Alle anderen Antriebsformen können mit diesem exponentiellen Wachstum nicht mithalten. Hält der Trend an, dann wird die automobile Zukunft in der Tat unweigerlich elektrisch. (Michael Matzenberger, 5.5.2018)