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Google hat sich über die Jahre zu einem der mächtigsten Softwarehersteller der Welt entwickelt. Die breite – und in vielen Bereichen dominierende – Produktpalette des Unternehmens, führt dazu, dass kaum jemand an den Produkten der kalifornischen Firma vorbeikommt. Mit entsprechend großem Interesse verfolgt die Techwelt Jahr für Jahr die Entwicklerkonferenz I/O, um zu sehen, wohin die weitere Reise geht. Immerhin handelt es sich dabei um den unumstritten wichtigsten Event des Google-Jahres, was hier angekündigt wird, prägt die weitere Richtung des Unternehmens.

Startschuss

Am Dienstagabend (MESZ) war es nun wieder soweit: Mit einer einleitenden Keynote hat Firmenchef Sundar Pichai die Google I/O 2018 eröffnet. Vor mehr als 7.000 aus aller Welt angereisten Entwicklern und mehr als 100.000 Zusehern im Live-Stream hatte er denn auch eine ganze Fülle von neuen Produktankündigungen im Gepäck – den einleitenden Schwerpunkt setzte Pichai aber bewusst an einer ganz anderen Stelle. Und zwar an einer, die viele von Google so nicht erwartet hätten.

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Die Keynote leitete Google-Chef Pichai mit einem Hinweis auf die Hamburger-Emoji-Debatte ein.
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Verantwortung

Man wolle künftig verstärkt auch Verantwortung für die negativen Auswirkungen von Technologie übernehmen, betonte Pichai in seiner Ansprache. Gleichzeitig sollen aber auch die Möglichkeiten von Maschinenlernen eine Kraft für das Gute sein – etwa in der Analyse von Krankheiten. Davon könnten gerade ärmere Regionen der Welt profitieren, aber auch sonst sei es möglich über KI künftig wesentlich früher Krankheiten zu erkennen, was Ärzten mehr Zeit für die Behandlung gebe. Entsprechende Forschungsergebnisse wolle man in Kürze präsentieren.

Gmail und Photos

Das erste neue Feature gab es für Gmail zu sehen: Unter dem Namen "Smart Compose" gibt es in Kürze die Möglichkeit mittels Tab-Taste einfach das nächste vorgeschlagene Wort zu übernehmen. Hierfür kommt natürlich einmal mehr Maschinenlernen zum Einsatz. Das gilt auch für eine Reihe von neuen Google-Photos-Features. So sollen künftig etwa Schwarz/Weiß-Bilder eingefärbt werden können. Auch kann umgekehrt der Hintergrund eines Bildes desaturiert werden. Ebenfalls neu: Es sollen Dokumente automatisch erkannt und eingescannt werden – samt Texterkennung. All das soll in den kommenden Monaten verfügbar sein.

Sundar Pichai setzt für Google weiter ganz auf Maschinenlernen.
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Hardware

Unter dem Namen TPU entwickelt Google seit einigen Jahren eigenen Chips für Maschinenlernaufgaben. Nun kündigt man eine neue Hardwaregeneration, die achtmal so schnell sein soll wie die vorangegangene.

Neue Stimmen für den Assistant

Für den digitalen Assistenten Google Assistant sollen künftig sechs unterschiedliche Stimmen zur Verfügung stehen. Dafür hat man unter anderem den Musiker John Legend ins Studio geholt, dessen Stimmen in den kommenden Monaten erhältlich sein soll. Ganz generell verspricht Google dank Verbesserungen an Wavenet eine deutlich realistischer Sprachausgabe.

Musiker John Legend liefert eine der neuen Stimmen für den Google Assistant.
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Natürliche Konversationen

Wer mit dem Google Assistant sprechen will, muss bisher immer "Hey Google" voranstellen. Stattdessen ist dies nur am Anfang einer Konversation vonnöten, danach kann einfach weiterkommuniziert werden, ohne das Keyword dauernd voranstellen zu müssen. Dieses "Continued Conversation" genannte Feature soll in den nächsten Wochen verfügbar sein. Ab sofort gibt es hingegen eine andere Neuerung: Die Möglichkeit mehrere Befehle in einem Satz zu kombinieren. Und vor allem für Kinder gedacht ist "Pretty Please", eine Funktion, die diese dazu bringen soll, auch beim Assistenten immer höflich zu bleiben.

Visuelles Feedback

Bisher ist der Google Assistant vor allem auf Sprachausgabe fokussiert, künftig soll aber auch visuelles Feedback eine wichtiger Rolle spielen. Entsprechende "Smart Displays" hat man in Kooperation mit diversen Hardwarepartnern bereits vor einigen Monaten vorgezeigt, nun verspricht man neue Features. So soll etwa bald auch Youtube TV verfügbar sein – das es allerdings nur in den USA gibt. Für Sommer ist dann ein weiteres Feature geplant: Der Google Assistant soll direkt in Google Maps integriert werden.

Neue Features für Google Assistant.
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Assistant übernimmt Anrufe

Wie aus einem Science-Fiction-Film wirkt ein anderes vorgezeigtes Feature: Der Google Assistant soll künftig Anrufe für seine Nutzer übernehmen können. Google Duplex nennt sich das Ganze, und sorgte bei der Präsentation für einige verblüffte Reaktionen, nicht zuletzt weil die Stimme dabei äußerst realistisch klang. Insofern bleibt auch abzuwarten, ob Google das dann wirklich in dieser Qualität abliefern kann. Dazu passt dann, dass Google lieber keinen Zeitplan für dieses Feature nennt.

Google News

Google News gehört nicht nur zu den ältesten Diensten des Softwareherstellers, er soll in Zukunft auch eine noch wichtigere Rolle einnehmen. Google will nämlich unter diesem Namen all die bisher verstreuten Angebote in diesem Bereich konsolidieren. So kündigt man nun eine neue Google-News-App an, die neben Nachrichten auch News-relevante Youtube-Videos und Magazine beinhalten soll.

Auch hier setzt man natürlich wieder auf Maschinenlernen, um den Nutzern gute Inhalte zu bieten – so formuliert es zumindest Google. Eine der dadurch entstehenden Möglichkeiten nennt sich "Full Coverage": Dadurch werden automatisch zu aktuellen Themen Schwerpunkte erstellt, damit die Nutzer sich umfassend informieren können. Abzuwarten bleibt dabei natürlich, wie gut die Google-KI dafür mit Falschnachrichten umgehen kann – ein Problem mit dem man in der Vergangenheit etwa bei den Youtube-Algorithmen zu kämpfen hatte.

Die neue Google-News-App
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Abgedreht

Die Ankündigung einer neuen Google-App war bereits im Vorfeld kolportiert worden und zwar mit einem wichtigen Zusatz: Bedeutet dies doch auch das Aus für Google Play Kiosk, das bisher für einen Teil dieser Angebote zuständig war. Die neue Google News Apps gibt es dafür ab sofort in 127 Ländern für Android und iOS, eine Webversion wird es ebenfalls geben.

Android P

Bereits Mitte März hat Google die erste Testversion von Android P vorgestellt, dabei aber viele neue Funktionen noch geheim gehalten. Nun lüftet man den Schleier: Die Android P Beta bringt eine ganze Reihe neuer Funktionen, die die Interaktion mit Googles mobilem Betriebssystem grundlegend verändern sollen.

Smarte Akkusteuerung

So soll Android künftig in vielerlei Hinsicht smarter werden, und dazu greift man – wie könnte es anders sein – zu Maschinenlernen, und zwar zu KI, die direkt am Gerät läuft. So gibt es in Android P ein neues Feature namens "Adaptive Battery", das anhand des Nutzungsverhaltens das System optimieren soll, um den Akkuverbrauch deutlich zu reduzieren. Android-Entwicklungschef spricht hier von 30 Prozent weniger CPU-Wakeups.

Android P erhält Gestensteuerung.
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App Actions

Ein neues Feature nennt sich "App Actions": Je nach Kontext sollen hier unterschiedliche Aktionen angeboten werden, also etwa die Fortsetzung einer Podcast angeboten werden, wenn die User einen Kopfhörer anstecken oder via Bluetooth verbinden. Mit den Slices will Google wiederum App-Entwicklern die Möglichkeit ausgewählte Inhalte an andere Stelle – etwa der Suchfunktion – anzuzeigen. Beide Funktionen müssen von App-Entwicklern aktiv unterstützt werden, Google betont, dass man hier bereits im Hintergrund mit zahlreichen zusammenarbeitet. Unter dem Namen ML Kit soll App-Entwicklern die Nutzung von lokalen Maschinenlernfunktionen vereinfacht werden. Und zwar, wie Google betont, sowohl für Android als auch iOS.

Gestensteuerung

Ein weiteres Thema von Android P: Das System soll "simpler" zu nutzen werden. Statt der gewohnten Systemnavigation mit ihren drei Softwareknöpfen soll künftig also auch bei Android Gestensteuerung zum Einsatz kommen. Und das sieht dann in etwa so aus: Es gibt nur mehr einen zentralen Home-Button, mit einem Swipe nach oben kommt man zur Task-Übersicht. Dort wird dann zusätzlich ein Slider angeboten, mit dem man schnell auf andere Programme springen kann.

Smartphone-Sucht bekämpfen

Zurück zu einem Themenbereich, den Google "digitales Wohlbefinden" nennt – oder wie man es anders nennen könnte: Das Bekämpfen von Smartphone-Sucht. So soll es künftig in Android ein eigenes "Dashboard" geben, das die Nutzer darüber informiert wie viel Zeit sie wofür am Smartphone verbringen. Auch wie oft man das Gerät entsperrt hat, wird hier angezeigt.

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Öfters mal eine Pause machen.
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Und auch Youtube will künftig seine Nutzer vor übermäßiger Nutzung warnen, und ihnen aktiv anraten, Pausen einzulegen. Google betont, dass es sich bei all dem um eine unternehmensweite Kampagne handelt, insofern soll es noch zahlreiche weitere Neuerungen in diese Richtung geben.

Smartphone-Sucht

Doch zurück zu Android: Mit Android P wird es möglich eine maximale Nutzungszeit für einzelne Apps zu definieren, um das eigene Smartphone-Verhalten selbst zu regulieren. Unter dem Namen "Wind Down" gibt es zudem ein neues Feature, über das die Bildschirmdarstellung ab einer gewissen Uhrzeit nur mehr in Graustufen dargestellt wird.

Android P Beta für andere Smartphones

Eine echte Überraschung gab es bei der Ankündigung der Verfügbarkeit: Die Android P Beta soll noch am Dienstag veröffnet werden. Und zwar erstmals nicht nur für Googles eigene Smartphones sondern auch für die Geräte von sieben anderen Herstellern – konkret spricht man hier vom Sony Xperia XZ2, Xiaomi Mi Mix 2S, Nokia 7 Plus, Oppo R15 Pro, Vivo X21, OnePlus 6, und dem Essential PH‑1.

Eine echte Überraschung: Die Android P Beta
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Google Maps

Einige neue Features gibt es auch für Google Maps. So soll in einem neuen Tab versammelt werden, was gerade in einer Gegend viel gesucht wird, und was die Nutzer anhand ihrer bisherigen Vorlieben besonders interessieren könnte. Zudem soll Maps "sozialer" werden, in dem es möglich wird, gemeinsam Aktivitäten zu planen, und etwa gemeinsam Listen mit bevorzugten Restaurants zu erstellen.

Was in Zukunft möglich sein sollen, demonstrierte Google anhand der Kombination von Maps und Kamera. So konnte man etwa eine neue Art der Navigation vorzeigen, die ganz auf Augmented Reality setzt. Dabei werden dann Pfeile direkt über dem Realbild eingeblendet, um die Route vorzuzeigen. Auch interessante Lokale sollen dann so angezeigt werden. Einen Zeitrahmen dafür gibt es bisher aber noch nicht.

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So soll künftig die Navigation aussehen, wenn es nach Google geht.
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Lens

Den aktuellen Status Quo stellt hingegen Google Lens dar, und dieses bekommt zumindest auch das eine oder andere neue Feature. So soll Smart Selection Text mittels Kamera erkennen und auch gleich für Copy und Paste anbieten. Zudem soll Google Lens künftig quasi "live" Resultate liefern, wenn man die Kamera durch einen Raum bewegt. Gleichzeitig verkündet Google eine deutliche Ausweitung der Verfügbarkeit von Lens: In den kommenden Wochen soll das Feature über die Kamera-Apps vieler großer Android-Hersteller verfügbar gemacht werden.

Waymo

Eigentlich ist die I/O ja eine reine Google-Konferenz, dieses Jahr nahm man aber eine kleine Ausnahmen von dieser Regel vor, und ließ auch ein Schwesterunternehmen zu Wort kommen, und zwar Waymo. Und dabei betont der Entwickler von selbstfahrenden Autos, welchen Vorteil man durch die enge Partnerschaft mit Google habe. So hat man in den letzten Monaten die Maschinenlernfähigkeiten von Google für die eigene Systeme eingeführt. Das Ergebnis: Die Fehlerrate bei der Erkennung von Objekten habe sich um den Faktor 100 reduziert. Dies sei gerade für schwierige Straßensituationen wie bei Schneefall essentiell. (Andreas Proschofsky aus Mountain View, 8.5.2017)

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