Thalheim – Hermann Becker. Wenn man einen Schuldigen dafür suchen will, dass die Lektüre der heimischen Zulassungsstatistik nicht einer gewissen Langeweile entbehrt, dann ist es er. Hermann Becker, 1978 bereits seit zwei Jahren Produktmanager bei Porsche Austria, zuletzt 25 Jahre Leiter der Öffentlichkeitsarbeit.

Hermann Becker machte mit dem Rabbit aus der Not eine Tugend.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

930.000 VW Golf wurden bis heute in Österreich verkauft. Damit dominiert der kompakte Volkswagen seit 40 Jahren die heimische Zulassungsstatistik. Ununterbrochen. Und das, obwohl nicht nur der Start so gar nicht reibungslos verlaufen wollte: Die letzten Käferkontingente standen noch bei den Händlern – man lobte den luftgekühlten Heckmotor mit Heckantrieb. Gleichzeitig stand der Golf in den Startlöchern, und man musste den Kunden erklären, dass mit dem wassergekühlten Frontmotor mit Frontantrieb eine neue Ära anbricht.

Der Käfer stand noch bei den Händlern und drohte neben dem neuen Golf schnell alt auszusehen.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Doch der Start gelang, der Golf war sofort begehrt, außen kompakt, innen geräumig, das neue Design ... Und als alles wie geschmiert zu laufen drohte, kam auch schon die schlechte Nachricht: Die beste Motorisierung für den Golf, der 70-PS-Motor, war auf absehbare Zeit nicht mehr verfügbar – VW hatte das Kontingent an Chrysler verkauft und kam mit der Produktion nicht nach. Da die Strafzahlungen höher gewesen wären als die erwarteten Gewinne durch die Verkäufe, lieferte man an die Konkurrenz.

Der Golf trat mit einem für VW vollkommen neuen Antriebssystem an.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Genau jetzt hatte Hermann Becker eine Idee. Man rüste die schwächeren Golf-Modelle besser aus und mache ein Sondermodell mit eigenem Namen daraus: den Rabbit. So nannte man den Golf in den USA. In Salzburg kletzelte man das Golf-Logo vom Grill, tauschte es gegen den inzwischen legendären Hasen – und die Verkaufszahlen übertrafen alle Erwartungen.

Der Golf trieb herrliche Blüten, wie dieses Pick-up-Derivat.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Bei VW war man erstaunt. Dort hätte man sich nicht erwartet, dass es jemand je wagen würde, das Golf-Logo zu ersetzen – und man überlegte sich Konsequenzen. Bevor die aber wirklich schlagend wurden, hatte der Erfolg des Rabbit die Wogen bereits geglättet.

Der Hase läuft immer noch

In keinem anderen Land führt der Golf seit 40 Jahren ohne Unterbrechung die Zulassungen an. Gerade vor Modellwechseln wittern die Konkurrenten eine Chance und versuchen in das Vakuum zu stoßen, das entsteht, wenn eine neue Generation vor der Tür steht.

Der Golf Country war seiner Zeit eindeutig voraus.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Nur in Österreich klappte der Plan bis heute nicht. Grund dafür ist der Rabbit. Denn stets am Zyklusende einer Generation legte der beliebte Austro-Golf erst los. Den Rabbit gibt es nur bei uns, und er hat inzwischen nicht viel weniger Kultstatus als der Golf selbst.

Der Golf G60 Rallye. Allein beim Wort G-Lader bekommen VW-Fans schon feuchte Augen.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Dem Golf sagt man ja nach, dass er eigentlich schon zu spät auf den Markt kam – der Rabbit indes, der kam genau zur richtigen Zeit. Ein Haucherl zu früh dran sei der GTI gewesen, der Sport- und Volkswagen unter einen Hut zu kriegen versuchte. Auch diese Geschichte ging gut aus, wie wir wissen.

So macht Golfspielen auch Autoredakteuren Spaß: alle Generationen auf einem Haufen, und in jedem Auto steckt der Schlüssel.
Foto: Porsche Austria / Christian Houdek

Viel zu früh dran war dann aber der Golf Country. 1990. Also vier Jahre bevor Toyota mit dem RAV4 den SUV-Boom lostreten sollte. Inzwischen hat Volkswagen natürlich einen eigenen SUV in der Kompaktklasse. Den Tiguan. Er ist übrigens heuer der meistverkaufte SUV in Österreich. Das war er auch schon 2017. Schade eigentlich, wenn man auf einen hochgestellten Rabbit-Nachfolger hofft. (Guido Gluschitsch, 3.5.2018)