Nato Avaliani (li.) und Amir Edris haben im Rahmen des Integrationsjahres eine Beschäftigung gefunden. Beide allerdings auf ungewisse Zeit.

Foto: Andy Urban

Wien – Bei Gitarrenbegleitung singen mit lauten Stimmen einige Senioren im Wohnzimmer des Pflegehauses. Einen Stock darüber hallen die schnellen Schritte Amir Edris' über den Flur. Es ist kurz vor zwölf, und Amir muss für die Bewohner des Pflegewohnhauses Sankt Elisabeth in Wien-Döbling das Mittagessen herrichten. "Grüßgott, wie geht es Ihnen?", sagt er beim Betreten des Zimmers. Edris kennt das Haus und ist mit den Bewohnern bestens vertraut. Dass er eines Tages hier landen würde, hätte er sich davor nur schwer vorstellen können.

Denn Amir Edris ist einer von jenen Personen, die beim Arbeitsmarktservice (AMS) das sogenannte Integrationsjahr absolvieren. Beim Integrationsjahr sollen Asylberechtigte und Asylwerber Deutsch lernen und in den Arbeitsmarkt in Österreich integriert werden. Das AMS bietet den Geflüchteten Sprachkurse, Orientierung- und Bewerbungstrainings an. Zwischen sechs und zwölf Monate lang arbeiten die Geflüchteten in einer sozialen Einrichtung, die auf ein späteres Dienstverhältnis vorbereiten soll. Mehr als 19.000 Personen nehmen laut AMS aktuell an diesem Programm teil, die Mehrheit besucht Deutschkurse, 226 Personen absolvieren ein Arbeitstraining.

"So lerne ich am besten Deutsch"

Wie viele andere war auch Amir vor mehr als drei Jahren von Syrien nach Österreich geflüchtet. Seitdem besuchte der 43-Jährige Deutschkurse und half einmal in der Woche freiwillig bei einer Hilfsorganisation aus. Seit zwei Monaten arbeitet Amir im Zuge des Integrationsjahres bei dem von der Caritas betreuten Pflegewohnhaus. Sechs Stunden pro Tag bereitet er das Frühstück und Mittagessen vor, macht die Betten, wäscht die Wäsche und unterhält sich mit den Bewohnern. "Es gefällt mir, mit den alten Menschen zu sprechen, sie erzählen mir viele Geschichten. Außerdem lerne ich so am besten Deutsch", sagt er und grinst.

"Wir haben einen ständigen Bedarf an Hilfskräften, die einfache Tätigkeiten übernehmen können", sagt Joachim Pock, Hausleiter der beiden Pflegewohnhäuser Sankt Elisabeth und Haus Schönbrunn. Die Zusammenarbeit habe bisher trotz Sprachschwierigkeiten sehr gut funktioniert.

Weniger Integrationsangebote

Allerdings besitzt das im Vorjahr gestartete Projekt Integrationsjahr ein Ablaufdatum. Statt 100 Millionen Euro soll es laut Regierungsplänen künftig nur noch 50 Millionen für die Finanzierung geben, 2019 soll das Projekt komplett eingestellt werden. Auch bei den Deutschkursen könnte es zu Kürzungen kommen. Als Begründung heißt es, dass bei weniger Asylwerbern auch weniger Mittel notwendig seien. Das AMS könne Kurse auch aus anderen Mitteln weiterführen, so Sozialministerin Beate Hartinger-Klein.

Das AMS sieht das anders: Durch die Kürzung der Mittel um die Hälfte können laut einer Sprecherin auch nur noch die Hälfte an Angeboten zur Verfügung gestellt werden. Und AMS-Chef Johannes Kopf verwies anlässlich der am Mittwoch präsentierten Arbeitsmarktzahlen auf ein vergleichbar geringes Minus bei ausländischen Staatsbürgern. "Jeden Monat kommen 700, 800, 900 Menschen zusätzlich neu zu uns. Die Arbeitslosigkeit von Geflüchteten ist steigend, weil es dauert, sie zu integrieren. Die Aufgabe der Integration bleibt eine Herausforderung", sagte Kopf.

Mehr Flüchtlinge ohne Job

Tatsächlich ist die Zahl der als arbeitslos gemeldeten Geflüchteten trotz eines leichten Rückgangs in den beiden Vormonaten kontinuierlich gestiegen: von rund 29.000 im Vorjahr auf mehr als 32.000 Anfang dieses Jahres.

Nato Avaliani ist froh, nicht zu ihnen zu gehören. Die 54-jährige Georgierin kam vor vier Jahren nach Österreich und ist nun subsidiär schutzberechtigt. "Ständig zu Hause zu sitzen und nichts tun zu können habe ich nur schwer ausgehalten", sagt sie. Umso mehr hat es sie gefreut, im Zuge des Integrationsjahres wie Edris in einem Pflegewohnhaus zu arbeiten. Mittlerweile ist sie in einem festen Dienstverhältnis. Die Unsicherheit bleibt jedoch: Im Sommer entscheidet sich, ob sie in Österreich bleiben darf. (Jakob Pallinger, 3.5.2018)