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Bloß nicht noch eine Schulreform? Keine Sorge: Die Pläne von Bildungsminister Heinz Faßmann sollen erst ab Herbst 2019 Realität werden – auch die Notenpflicht für Volksschüler wird verschoben.

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Wien – Es sind fünf Pakete, die Heinz Faßmann (ÖVP) für die Kinder und damit in erster Konsequenz für die Lehrerinnen und Lehrer des Landes schnüren will. "Vom Kindergarten bis zum Ende der Schulreife" will der Bildungsminister dafür "das Beste aus Bestehendem und Neuem verbinden", wie es in seinem am Mittwoch eingebrachten Vortrag an den Ministerrat heißt. Und wem bereits vor der hundertsten Reform im Schulsystem graut: Kommen sollen all diese Maßnahmen erst ab dem Schuljahr 2019/2020.

Im Ministerrat sind die ersten Reformschritte von Bildungsminister Faßmann (ÖVP) abgesegnet worden. Unter anderem soll die Neue Mittelschule attraktiver werden, für die Schulreife sollen bundesweit einheitliche Kriterien gefunden werden.
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Ein Jahr später

Auch die Notenpflicht an Volksschulen – für Faßmann ein "heikles Kapitel" – wird somit noch eine Weile auf sich warten lassen. Dahinter steckt, wie Projektleiter Klemens Riegler im Gespräch mit dem STANDARD erklärt, dass die Reform der alternativen Leistungsbeurteilung erst im Anlaufen ist. Fakt sei, "dass Noten derzeit stark nach sozialer Norm vergeben werden" – und das soll sich künftig ändern: Sogenannte "Lernzielraster" sollen genauere Auskunft über die dahinterstehende Schulnote geben. Je nach Fachgebiet wird künftig für jeden Lernbereich nachvollziehbar sein, was ein Schulkind erfüllt, noch nicht erfüllt oder übererfüllt hat. Und zwar einheitlich, an allen Standorten. Aktuell können sich Schulen noch für eine von drei Varianten der alternativen Leistungsbewertung entscheiden.

Ebenfalls neu und ebenfalls an Volksschulen und deren Direktionen adressiert: Faßmann will die Kriterien für die Schulreife präzisieren. Weil diese laut Bildungsminister "momentan zu sehr vom Bundesland oder vom Zufall abhängig sind", soll es künftig einen österreichweit standardisierten und verbindlichen Katalog der Schulreifekriterien geben. Ein Beispiel für die föderalen Schulreife-Schwankungen: Während in Salzburg 24 Prozent der Kinder im Schuljahr 2017/18 in der Vorschule landeten, waren es in der Steiermark lediglich ein Prozent.

Neben Feinmotorik und "zahlenbezogenem Vorwissen" soll in Zukunft auch darauf geschaut werden, wie gut ein Kind ihm vertraute Gegenstände richtig benennen kann.

Paket Nummer drei soll eine Art Ratgeber für die weitere Schullaufbahn eines Kindes sein: Was Lehrkräften bislang – freiwillig – unter dem Titel "informelle Kompetenzmessung" zur Evaluierung ihres Unterrichts diente, wird künftig gemeinsam mit einem "Entwicklungscheck", der laut Ministerium "auf die sozialen Kompetenzen" abzielen soll, zum sogenannten "Talente-Check" ausgebaut. Der soll jedenfalls in der dritten Klasse Volksschule sowie in der siebenten Schulstufe stattfinden. Im Ministerium denkt man aber bereits über eine Ausweitung nach. Würde der Talente-Check auch in der vierten und achten Schulstufe abgehalten, könne man die Entwicklung eines Kindes besser darstellen.

Was die Neue Mittelschule und die gerade erst verkündete Verlängerung des Teamteachings anbelangt, erklärt Faßmann, er wolle die Lehrer-Doppelbesetzung "nicht einfach abdrehen", es gehe um eine "Weiterentwicklung und Adaption" dieser Schulform.

Viel Luft, auch nach oben

Auch hier soll es künftig ab der siebenten Schulstufe nur mehr fünf statt neun Ziffernnoten geben. Außerdem will man mit sogenannten "Entwicklungsgruppen" die innere Differenzierung weiter vorantreiben. Die soll es in Deutsch, Mathematik und der ersten lebenden Fremdsprache geben – anders als in den Leistungsgruppen der ehemaligen Hauptschulen soll ein Wechsel von einer Gruppe in die andere aber flexibel möglich sein.

Letzter Teil des Faßmann'schen Bildungspaketes ist eine Reform der Lehrpläne. Dabei soll Überkommenes ausgemistet und Platz für Neues (Stichwort Digitalisierung) geschaffen werden.

Die Opposition findet wenig Gefallen an den Plänen des Bildungsministers. Für seine Vorgängerin, SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid, handelt es sich um ein "Ankündigungspaket", mit dem "offensichtlich von der massiven und breiten Kritik an den Deutschklassen abgelenkt werden" soll. Auch Neos-Chef Matthias Strolz kann außer "vagen Ankündigungen" und "vorsichtigem Abwägen" nur "wenig Neues" erkennen. Er habe den Eindruck, "als würde der Bildungsminister durch eifrige Betriebsamkeit die eigentlichen Herausforderungen überdecken wollen".

Die Liste Pilz ortet gar eine "rückschrittliche Bildungspolitik". Statt "noch mehr Standards, mehr Bürokratie und Vorgaben für die Schulen" müsse "individuelles Lernen" gefördert werden. Einzig die Talente-Checks sieht man grundsätzlich positiv. (Karin Riss, 2.5.2015)