Wie viele Nationalisten, verfügt auch Donald Trump über das Talent, komplexe Sachverhalte in einfache Sätze zu packen, die ihm politisch nützlich sind. Eine dieser Kreationen im Repertoire des US-Präsidenten: "Wann war das letzte Mal, dass wir China bei einem Handelsabkommen geschlagen haben?" In diesen Worten steckt alles drin, was man über Trumps Sicht auf internationale Wirtschaftsbeziehungen wissen muss. "Wir gegen die", ein Kampf, der nur Sieger und Besiegte kennt, so sieht der Immobilien-Tycoon die Globalisierung.

Er ist damit nicht allein. Die AfD in Deutschland, die FPÖ in Österreich, Viktor Orbáns Fidesz in Ungarn sprechen und kampagnisieren ähnlich. Die Strategie der Nationalisten und Populisten ist immer nach dem gleichen Muster gestrickt: wirtschaftlich vielfältige Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Ländern auf einen einzigen Aspekt zu reduzieren – um dann zu behaupten, das eigene Heimatland sei der wahre Verlierer. Dann versprechen die Populisten der Bevölkerung, den Gegner zu schlagen, den Sieg zu erringen.

Aktuell spielt Trump dieses Spiel mit China. Die Chinesen exportieren mehr Waren in die USA als umgekehrt, also attackiert der US-Präsident Peking. Nun ist es richtig, dass China teils unfair agiert – vom Diebstahl geistigen Eigentums bis zu Stahlexporten zu Dumpingpreisen. Aggressiv auftreten kann letztlich eine Verhandlungsstrategie Trumps sein: Am Donnerstag ist eine US-Delegation in Peking eingetroffen, um die Wirtschaftsbeziehungen der Länder auf neue Beine zu stellen.

Doch es ist reine Scheinheiligkeit, wenn sich die stärkste Wirtschaftsmacht der Welt als großer Verlierer der globalen Weltordnung verkauft. Ein großer Teil der chinesischen Exportüberschüsse, laut Ökonomen etwa die Hälfte, kommt allein deshalb zustande, weil China als große Werkbank für die Welt fungiert. In der Volksrepublik schrauben Arbeiter iPhones zusammen. Der Hauptteil der Wertschöpfung entsteht aber anderswo, in den USA etwa, wo die Software produziert wird. Bloß scheint das in Trumps Reden nie auf.

Die internationalen Verflechtungen sind zu komplex für ein Gewinner-und-Verlierer-Schema, vor allem verlaufen die Grenzen nicht entlang der Staatsgebiete, sondern zwischen Bevölkerungsgruppen. Das gilt auch für Europa. Die FPÖ trommelt dagegen, dass zehntausende Arbeitnehmer aus Ungarn, der Slowakei oder Polen nach Österreich kommen und Österreichern Jobs wegschnappen. Das ist nicht falsch. Aber wahr ist auch, dass österreichische Unternehmen dafür ihren Konkurrenten im Osten Aufträge wegschnappen – und so in Österreich Wohlstand schaffen. Auch in der Debatte über das EU-Budget gibt es kein Schwarz und Weiß. Österreich ist Nettozahler, wovon auch heimische Konzerne profitieren. Die Strabag etwa generiert 20 Prozent ihrer Bauleistung in den östlichen EU-Staaten, wo mit EU-Förderungen Straßen gebaut werden. Über diesen Umweg kommt ein Teil der EU-Gelder zurück. (András Szigetvari, 4.5.2018)