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Kürzungen in der zweiten Säule würden vor allem Kleinbetriebe in der Landwirtschaft treffen.

Foto: AP/Jens Buettner

Wien – "Vor dem Abend kann sich leicht das Wetter noch ändern", heißt es in einer alten Bauernregel. Genau darauf dürften Landwirte in ganz Europa derzeit hoffen: Am Mittwoch wurde der EU-Finanzplan von 2021 bis 2027 vorgestellt, der deutliche Kürzungen im Agrarbereich vorsieht. Einstweilen handelt es sich nur um einen Entwurf, Bauernvertreter in ganz Europa wollen den Beschluss bis zur finalen Entscheidung noch abwenden.

Die EU-Kommission plant, die Mittel in der Landwirtschaft, die bisher rund ein Drittel der Fördergelder einkassierte, um insgesamt fünf Prozent zu reduzieren. Direktzahlungen sollen dabei um vier Prozent gekürzt werden, Zuschüsse für die ländliche Entwicklung um sieben Prozent. Derzeit fließen Mittel in der Höhe von 1,3 Milliarden Euro von der EU als Direktzahlungen und für die ländliche Entwicklung nach Österreich zurück. Mit Zuschüssen der Republik erhalten Landwirte rund zwei Milliarden Euro.

"Noch schlimmer als befürchtet"

Unter Bauernvertretern sorgte die Ankündigung in ganz Europa für Empörung: Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger nennt die geplanten Kürzungen einen "Anschlag auf den Umweltschutz", die Vorschläge seien "noch schlimmer als befürchtet". Die Ministerin rechnet mit Verlusten in der Höhe von 125 Millionen Euro für die heimische Landwirtschaft. Mit einem Budgetloch von 97,5 Millionen Euro macht die zweite Säule, die Entwicklung im ländlichen Raum, dabei den Löwenanteil aus. Die Kürzungen würden für Österreich einen Gesamtverlust von mehr als zehn Prozent in beiden Bereichen bedeuten. Die zu Jahresbeginn von Köstinger erwähnten Kompensationszahlungen seitens der Republik stehen laut Ministerium derzeit nicht zur Debatte, erst wolle man den Ausgang der Gespräche auf EU-Ebene abwarten.

Bauernbundpräsident Georg Strasser befürchtet, dass die Kürzungen den Strukturwandel in Österreich weiter vorantreiben werden. Laut Strasser wären 100.000 Jobs in Österreich ohne EU-Agrargelder gefährdet, 23.000 davon außerhalb der Landwirtschaft. In Frankreich warf der Landwirtschaftsminister der Kommission hingegen eine "blinde" Reduzierung vor, die "einfach undenkbar" sei. Auch in Ungarn wurde Widerstand gegen die Agrar-Kürzungen angekündigt.

Schultes vertraut auf Kurz

Gelassener zeigte sich hingegen Landwirtschaftskammerpräsident Hermann Schultes: Er vertraue auf Kanzler Sebastian Kurz, sagte er im Ö1-"Morgenjournal". Er sei überzeugt, dass österreichische Landwirte weiter das bekommen werden, "was ihnen zusteht".

Die geplanten Kürzungen bei Direktzahlungen würden vor allem größere Betriebe treffen: 1,5 Prozent der Landwirte in der EU erhalten mehr als 30 Prozent der Gelder, 80 Prozent der Bauern kassieren hingegen weniger als 5.000 Euro pro Jahr. Jene kleinen Betriebe werden die geplanten Einsparungen in der zweiten Säule hingegen deutlich zu spüren bekommen: "Vor allem in Österreich sind das Programme, aus denen umweltrelevante Maßnahmen und Ausgleichszahlungen, wie zum Beispiel für Bergbauern, finanziert werden", sagt Thomas Waitz, Agrarausschuss-Mitglied des Europäischen Parlaments für die Grünen, im Gespräch mit dem STANDARD.

Zukunft der GAP spielt eine Rolle

Bei der finanziellen Absicherung von Klein- und Mittelbetrieben wird letztlich aber nicht nur die Fördersumme, sondern auch die Verteilung eine Rolle spielen. Geht es nach EU-Agrarkommissar Phil Hogan, sollen Direktzahlungen im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bei 60.000 Euro pro Betrieb gedeckelt werden. "Fix ist noch gar nichts", sagt Waitz dazu. Es sei zwar eine Mehrheit im Parlament für ein sogenanntes Capping, der Grüne geht jedoch davon aus, dass die Grenze eher 100.000 bis 150.000 Euro liegen wird. Eine Deckelung in dieser Höhe wäre für heimische Landwirte nicht weiter dramatisch, meint Waitz: "Das würde in Österreich zwischen 20 und 40 Betriebe treffen." Das dort eingesparte Geld könnte an kleinere Betriebe weiterverteilt werden: "Wenn das Capping stattfindet, wird mehr Geld frei, als jetzt gekürzt wird."

Kritik für Blümels Rechnung

Die EU-Kommission wies unterdessen die Kritik von Europaminister Gernot Blümel zurück. Dieser behauptete, dass durch das Budget Mehrkosten in der Höhe von 500 Millionen Euro für Österreich entstehen würden. "Blümels große Rechnung können wir nicht nachvollziehen", sagte der wirtschaftspolitische Berater der Kommission am Donnerstag. (Nora Laufer, 3.5.2018)