Händewaschen bringt mehr als die Isolation von Patienten mit Infektionen, sagt ein deutscher Mediziner.

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Es ist die denkbar einfachste Hygienemaßnahme der Welt: Händewaschen. Anlässlich des Internationalen Tages der Händehygiene der WHO am 5. Mai, wird daran erinnert, dass sorgsames Händewaschen das mit Abstand wichtigste und effektivste Mittel ist, um die Übertragung und Ausbreitung von Infektionen zu begrenzen. Dies gilt nicht nur im Alltag, sondern besonders auch in Kliniken und Gesundheitseinrichtungen.

Mehrmals täglich die Hände mit Wasser und Seife zu waschen, wie es der Normalbevölkerung etwa während einer Grippewelle empfohlen wird – damit allein ist es im Krankenhaus nicht getan. "Hier sollten an allen relevanten Punkten Spender mit alkohol-basierten Händedesinfektionsmitteln zur Verfügung stehen", sagt Gerd Fätkenheuer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) vom Universitätsklinikum Köln.

Aufgrund ihrer guten Wirksamkeit und Verträglichkeit könnten alkoholhaltige Waschlösungen die Rate von Infektionen im Krankenhaus deutlich reduzieren, wenn sie konsequent vor und nach jedem Patientenkontakt angewandt würden – dies konnten zahlreiche Studien in unterschiedlichen Settings nachweisen.

Großer Aufwand, kleine Wirkung

Eine stärkere Konzentration auf die allgemeine Hygiene, insbesondere die Handhygiene, sei effizienter als aufwändige und stigmatisierende Maßnahmen wie etwa die Isolation von Patienten mit Infektionen durch multiresistente Erreger, so Fätkenheuer. Solche Isolationsmaßnahmen kommen in Kliniken zum Beispiel bei Patienten mit multiresistenten Staphylococcus aureus-Bakterien (MRSA) zur Anwendung. "Hier wird mit großem personellen und finanziellem Aufwand eine Maßnahme betrieben, die aber nur einen kleinen Ausschnitt des Problems adressiert – nämlich Infektionen durch MRSA", kritisiert Fätkenheuer.

Zum einen blieben hierbei andere multiresistente Bakterien unberücksichtigt. "Zum anderen sind für den größten Teil der Infektionen in Kliniken nicht multiresistente, sondern nicht-resistente Erreger verantwortlich. So gehen etwa 85 bis 90 Prozent der durch Staphylococcus aureus verursachten Sepsis auf die nicht-resistente Form dieses Bakteriums zurück." Und die Annahme, dass Infektionen mit nicht-resistenten Erregern grundsätzlich weniger schwer verlaufen als Infektionen mit der resistenten Variante, sei wissenschaftlich widerlegt.

Rechtliche Folgen

"Das Thema Handhygiene und Infektionsprävention hat nicht nur eine gesellschaftliche, sondern auch eine erhebliche haftungsrechtliche Relevanz", erklärt Julia Gokel, Professorin für Sozialrecht an der SRH Hochschule Heidelberg. "Für kranke oder immungeschwächte Patienten, etwa solche, die frisch operiert wurden, kann MRSA zur Todesfalle werden." Wenn dabei nachgewiesen werde, dass die Hygienegrundsätze wie die gebotene Händedesinfektion nicht beachtet wurden, könne dies als "grober Behandlungsfehler" gewertet werden.

Wie konsequent Handhygiene in Gesundheitseinrichtungen umgesetzt wird, variiert je nach Berufsgruppe und Fachgebiet. In einer Auswertung, die 109 Krankenhäuser in Deutschland untersucht hat und 2016 im Journal of Hospital Infection veröffentlicht wurde, lagen die Complianceraten je nach Berufsgruppe zwischen 64 und 77 Prozent und je nach Fachrichtung zwischen 64 und 83 Prozent. Der in verschiedenen Untersuchungen am häufigsten angegebene Grund für die unzureichende Beachtung der Handhygiene sind Personal- und Zeitmangel. Aber auch unzureichendes Wissen, wann eine Händedesinfektion sinnvoll ist oder das Fehlen einer Sicherheitskultur innerhalb der Institution werden unter anderem als Gründe genannt.

Drehtür-Effekt

Aber auch Gäste müssen sich sorgfältig die Hände waschen. "Es ist zu empfehlen, Patienten und Besucher in die Maßnahmen der Händehygiene einzubeziehen", rät das Robert-Koch-Institut. "Die Breitenaufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung ist und bleibt eine entscheidende Voraussetzung, um den sogenannten 'Drehtür-Effekt' – also das Einschleusen von Keimen und Bakterien über Patienten und Angehörige in Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen – zu vermeiden", sagt Gokel.

Erst kürzlich haben Psychologie-Studierende der SRH Hochschule Heidelberg untersucht, wie es um das Händewasch-Verhalten auf öffentlichen Toiletten bestellt ist und dabei enthüllt: Nur acht Prozent aller Toiletten-Besucher waschen sich ihre Hände richtig. (red, 5.5.2018)