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Vor allem der Beruf des Kinderarztes soll attraktiver werden – mit höheren Honoraren und Subventionen bei Ordinationsgründungen.

Foto: AP / Joerg Sarbach

Wien – Spitzenvertreter der Stadt Wien, der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) und der Ärztekammer harmonisch an einem Tisch ist durchaus ein nicht alltäglicher Anblick. 2016 eskalierte etwa ein Streit zwischen Stadt Wien und den Medizinern über Arbeitszeit-Neuregelungen derart, dass es sogar zu Ärzte-Streiks kam. Das gemeinsame Ziel, überfüllte Spitalsambulanzen zu entlasten und Hausarztpraxen zu stärken, hat die Parteien aber geeint.

Honorare für Ärzte werden erhöht

Am Freitag wurde nach sechsmonatigen Verhandlungen eine neue Vereinbarung zwischen WGKK und Ärztekammer präsentiert. Diese sieht vor, die Honorare für Allgemeinmediziner und Kinderärzte anzuheben. Beide Fächer sollen von 2018 bis 2020 mit jährlich zehn Prozent an Honorarerhöhungen für Wiener Ärzte deutlich attraktiver werden. Das Einkommen eines Allgemeinmediziners in Österreich stamme nämlich zu 50 Prozent aus Erlösen aus der Hausapotheke, sagte WGKK-Obfrau Ingrid Reischl. "Und das gibt es in Wien nicht." Johannes Steinhart, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, räumte ein, dass es vor allem bei Allgemeinmedizinern und Kinderärzten "zu wenig Nachwuchs", also einen Mangel, gebe.

Zudem wurde zwischen Stadt Wien, Gebietskrankenkasse und Ärztekammer eine Kooperation eingegangen. Diese sieht vor, dass die Stadt – zunächst einmal vereinbart für das Jahr 2019 – mittels Förderungen 15 Millionen Euro in den niedergelassenen Bereich investiert, sagte die scheidende Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ).

Konkret werden Ordinationsgründungen gefördert. Um die Struktur im niedergelassenen Bereich im bevölkerungsreichen Wiener Bezirk Favoriten zu verbessern, sollen Allgemeinärzte, die sich hier niederlassen, ein Startkapital von 44.000 Euro erhalten. Reischl rechnet mittelfristig mit zehn zusätzlichen Kassenstellen im Zehnten. Dieselbe Summe sollen Kinderärzte erhalten, die – egal wo in Wien – eine Ordination gründen. 16 zusätzliche Kinderärzte mit Kassenverträgen sind für Reischl denkbar.

Bonus für längere Öffnungszeiten

Bereits bestehende größere Einzelordinationen und Gruppenpraxen, die sich verpflichten, zumindest 25 Stunden pro Woche geöffnet zu halten, sollen ab mindestens 6000 WGKK-Fällen pro Jahr Bonuszahlungen erhalten. Die Stadt stellt alleine dafür 3,6 Millionen Euro bereit. Weitere 750.000 Euro werden an Ordinationen im Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde ausgeschüttet, die diese Vorgaben einhalten.

Mit dem neuen Honorarabschluss wurde auch sichergestellt, dass für Patienten ab 1. Juli 2019 der gynäkologische Ultraschall von der Krankenkasse übernommen wird. Weil Auslagerungen dieser Untersuchungen aus Spitalsambulanzen in gynäkologische Ordinationen erwartet werden, steuert der Wiener Gesundheitsfonds eine Co-Finanzierung in Höhe von bis zu 2,6 Millionen Euro bei. Ab Oktober 2020 sind spezielle OCT-Augenuntersuchungen zur Bestimmung von Netzhautschäden für Patienten kostenlos.

Reischl bleibt bei WGKK

Im Zuge der personellen Neuaufstellung der Wiener SPÖ durch den künftigen Bürgermeister Michael Ludwig galt WGKK-Obfrau Reischl durchaus als Kandidatin für den Posten als Gesundheitsstadträtin. Reischl winkte am Freitag ab: "Das ist kein Thema", sagte sie dem STANDARD. Zuvor hatte vergangene Woche auch schon Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres gesagt, nicht Frauenberger-Nachfolger zu werden.

Reischl begründete ihre Absage auch mit den Herausforderungen, denen sich die Krankenkassen aktuell zu stellen hätten. Reischl warnte im Hinblick auf die geplante Reform der Sozialversicherung durch die türkis-blaue Bundesregierung vor einer "Verstaatlichung des Systems". Sie trete weiter für die Selbstverwaltung und Budgethoheit der einzelnen Kassen ein. Es werde Streiks geben, "sollte die Regierung vorhaben, das System zu zerstören", sagte sie. Streikbeschlüsse seien bereits gefasst worden. (David Krutzler, 4.5.2018)