Befreiungsfeier in Mauthausen am Sonntag.

Foto: APA/HANNES DRAXLER

"Ja, richtig wäre, dass die gesamte Bundesregierung heute in Mauthausen gedenkt. Aber nein, es ist falsch, Menschen, die die Befreiung Europas am 8. Mai als Niederlage betrauern und die Überlebende dieses KZ als 'kriminell' und 'Landplage' bezeichnen, eine Bühne für eine Maskerade zu bieten, nur weil sie nun nach Anerkennung streben", sagte IKG-Präsident Oskar Deutsch.

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Mauthausen – Mit besonderer Spannung wurden die diesjährigen Gedenkfeiern im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen erwartet. Zu Kontroversen kam es im Vorfeld nämlich einerseits um die Ausladung von FPÖ-Mitgliedern – DER STANDARD berichtete –, andererseits hatte der Schriftsteller Michael Köhlmeier mit seiner deutlichen FPÖ-Kritik beim Gedenkakt des Parlaments am Freitag eine breite Diskussion ausgelöst. Pikantes Detail: Köhlmeier führte zu Beginn seiner vielbeachteten Rede aus, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka habe ihm "Mut gemacht, die Dinge beim Namen zu nennen".

Wortkarger Präsident

Bei den Gedenkfeierlichkeiten am Sonntag in Mauthausen darauf angesprochen, ob er diesen indirekten Anstoß mittlerweile bereue, zeigte sich Sobotka im STANDARD-Gespräch auffallend zurückhaltend: "Wichtig waren die Beiträge der Jugendlichen, die den Opfern eine Stimme gegeben haben." Der Nationalratspräsident spielte damit auf das Jugendprojekt "Dialog des Erinnerns – Geschichten brauchen Stimmen" der KZ-Gedenkstätte an, das bei den Feierlichkeiten in der Hofburg präsentiert wurde. Weitere Nachfragen wurden dann rüde vom Sicherheitspersonal unterbunden.

Am 5. Mai vor 73 Jahren befreiten US-Truppen das KZ Mauthausen. Die Gedenkfeier stand dieses Jahr unter dem Motto "Flucht und Heimat".
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Mit Sobotka nahm erstmals ein Nationalratspräsident an der Gedenkfeier vor dem jüdischen Mahnmal am Sonntagvormittag teil. In seiner Rede mahnte er, dass es "für uns Österreicher eine Verantwortung sein muss, unsere jüdischen Mitbürger so zu schützen, dass sie sich frei entfalten können, dass sie hier nicht nur Heimat finden, sondern unbelastet und ohne Angst ihr Leben gestalten".

Es seien "diese Zeichen, die von Antisemitismus geprägt sind" in Europa und darüber hinaus, immer wieder zu sehen. Sobotka: "Wir haben eine Situation, dass wir diesem aufkeimenden Antisemitismus in den unterschiedlichsten Formen entschieden entgegentreten müssen. Gemessen an der Zahl der Vergehen ist es eine kleine Zahl, gemessen an der historischen Verantwortung, die Österreich trägt, ist es eine Zahl, der wir auch im Kleinsten intensiv begegnen müssen."

"Die Shoah hat nicht in Mauthausen begonnen"

Deutlich schärfer wurde dann Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG): "Die Shoah hat nicht in Mauthausen begonnen. Der erste Schritt auf dem Weg zur Massenvernichtung war Antisemitismus." In vielen Parteien habe es Antisemiten gegeben. "Aber es waren die Deutschnationalen, die den Antisemitismus zu einer politischen Waffe machten und vor 'Verjudung' und 'Überfremdung' warnten. Sie bauten das Gerüst des Hasses, das in den Krematorien der Konzentrationslager mündete."

Der rassistische Ungeist lebe in vielen deutschnationalen Burschenschaften weiter. "Seien wir genau: Sie sind keine Nazis, sie sind die Nachfolger der Vorgänger der Nazis. Und ihr politischer Arm ist die FPÖ", führte der IKG-Präsident aus. Einmal mehr begrüßte Deutsch auch die Nichteinladung der blauen Regierungsmitglieder: "Ja, richtig wäre, dass die gesamte Bundesregierung heute in Mauthausen gedenkt. Aber nein, es ist falsch, Menschen, die die Befreiung Europas am 8. Mai als Niederlage betrauern und die Überlebende dieses KZ als 'kriminell' und 'Landplage' bezeichnen, eine Bühne für eine Maskerade zu bieten, nur weil sie nun nach Anerkennung streben."

Ärger über Absperrungen

An der Gedenkfeier selbst, die heuer unter dem Schwerpunkt "Flucht und Heimat" stand, nahmen wieder tausende Besucher teil. Für Ärger sorgten vor allem unter den vielen Angehörigen und Überlebenden aber die erstmals umgesetzten Sicherheitsmaßnahmen auf dem Gelände der Gedenkstätte. So war etwa die ehemalige "Todesstiege" für Besucher gesperrt, was vor allem unter den vielen ausländischen Gästen für Unmut sorgte. (Markus Rohrhofer, 6.5.2018)