Subtiles Grauen: Simone Simon in Jacques Tourneurs "Cat People" (1942).

Foto: Filmmuseum

Schatten und Schrecken verheißt ein Zwischentitel des Stummfilmmeisterwerks The Blue Bird von 1918. Auf der Suche nach dem blauen Vogel, der Glück bringen soll, wandeln zwei Kinder durch eine gespenstische, von Mondlicht beschienene Welt. Mit größtmöglicher visueller Raffinesse setzte Regisseur Maurice Tourneur (1876-1961) die Verfilmung des Märchenstücks von Literaturnobelpreisträger Maurice Maeterlinck in Szene. Atmosphärisches Licht, Silhouetten und durchkomponierte Bildkompositionen ziehen uns in eine somnambule Welt.

Wenige Jahrzehnte später erwies sich auch Sohn Jacques Tourneur (1904- 1977) als ein Virtuose der Suggestion, der mit bloßer Andeutung die Fantasie seiner Zuschauer befeuerte. Wer Cat People, seinen 1942 kostengünstig gedrehten Horrorfilm gesehen hat, wird leere Schwimmbäder und Lichtreflexionen von Wasser für immer mit anderen Augen sehen.

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Faszinierende Gleichklänge zwischen Vater und Sohn, nebst für sich stehenden Arbeiten, gibt es in der aktuellen Schau des Österreichischen Filmmuseums zu entdecken: Out of the Past führt bis 2. Juni die Arbeiten zweier großer visueller Stilisten parallel, die zwischen den Kontinenten pendelten. Bereits Vater Maurice Tourneur, zuerst Theaterschauspieler und Grafiker in seiner französischen Heimat, landet seine ersten großen filmischen Erfolge in den USA. Seine Assistenten weist er an, immer ein paar schöne Äste oder Zweige mitzubringen, falls die Natur zur schönen Rahmung der Filmbilder nicht reicht. In der Stummfilmära einer der bedeutendsten Regisseure überhaupt, fasst er nach dem Zerwürfnis mit dem Studioriesen MGM erneut in Frankreich Fuß.

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Sohn Jacques, der sein Handwerk beim Vater lernt, legt ebenfalls zuerst in den USA los, wird vom gleichen Major Studio fallengelassen und findet beim RKO-Studio und Val Lewtons Horrorabteilung Zuflucht und Meisterschaft. Mit wenig Geld, aber viel Erfindungsreichtum realisierte Filme wie das nokturne Schauerstück I Walked with a Zombie zählen bis heute zu den unheimlichsten des Genres.

Fast zeitgleich erreichen Jacques und Maurice Tourneur im Film noir einen Zenit: Der Sohn mit Out of the Past (1947), seinem gleißenden Meisterwerk mit Robert Mitchum, der Vater mit dem letzten Film seiner Laufbahn, Impasse des deux anges (1948). Gegen Ende seiner Kinokarriere schenkte Sohn Jacques dem Film noir ein seltsames, wiederzuentdeckendes Juwel: Selten wurde das Schwarz urbaner Nächte so schön mit dem Weiß von Schneefeldern kontrastiert wie 1957 in Nightfall. (Karl Gedlicka, 7.5.2018)