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Kurz vor der Bekanntgabe der Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump über die Zukunft des internationalen Atomabkommens hat der iranische Präsident Hassan Rohani seine Landsleute auf einen Ausstieg der USA vorbereitet. In den ersten Monaten könnte es Schwierigkeiten geben, sagte Rohani am Dienstag. "Aber auch das werden wir überleben."

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Es wird eine der wohl weitreichendsten Ankündigungen seit Donald Trumps Amtsantritt: Um 14 Uhr (20 Uhr MESZ) will der US-Präsident seine Entscheidung über die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran bekanntgeben. Im Rahmen des Deals schränkte Teheran wesentliche Teile seines Atomprogramms drastisch ein, im Gegenzug wurden Sanktionen gegen den Iran aufgehoben. Trump entscheidet nun, ob diese Strafmaßnahmen ausgesetzt bleiben – wenn nicht, würde das eine faktische Aufkündigung des Abkommens bedeuten. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Atomdeal.

Was ist das Atomabkommen?

Das nach jahrelangem Streit im Juli 2015 von der EU-3+3-Gruppe (die UN-Vetomächte USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China sowie Deutschland) mit dem Iran ausgehandelte Abkommen reguliert das Atomprogramm des Iran. Es wurde vom UN-Sicherheitsrat bestätigt. Ziel des "Joint Comprehensive Plan of Action" ("Gemeinsamer umfassender Aktionsplan") ist die Verhinderung der Entwicklung einer Atombombe, eine zivile Nutzung der Atomenergie ist jedoch zulässig. Kontrolliert wird das Abkommen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA).

Wozu hat sich der Iran im Atomabkommen verpflichtet?

Der Iran muss die Zahl seiner Zentrifugen zur Urananreicherung um mehr als zwei Drittel reduzieren. Die Anreicherung des Urans ist auf 3,67 Prozent des Isotops 235U begrenzt. Waffenfähiges Uran ist hingegen auf mehr als 85 Prozent 235U angereichert. Zusätzlich muss der Iran seine Bestände an bereits angereichertem Uran von mehr als zehn Tonnen auf 300 Kilogramm reduzieren. Zum Teil wird das vorhandene Material exportiert, zum Teil verdünnt. Der Rest reicht nicht für den Bau einer Atombombe.

Wie wird sichergestellt, dass der Iran seine Verpflichtungen einhält?

Die vorhandenen Forschungsanlagen werden von der IAEA technisch überwacht und von einem Inspektorenteam ständig kontrolliert. Die IAEA sieht bisher keine Hinweise für eine Verletzung des Abkommens durch den Iran.

Wie könnte Trump das Atomabkommen aushebeln?

Der US-Präsident muss regelmäßig dem Kongress die Einhaltung des Abkommens durch Teheran bestätigen. Das hat er bereits im Herbst verweigert. Auch die Aussetzung der Sanktionen gegen den Iran muss er periodisch bestätigen. Auch wenn Trump die Sanktionen wieder in Kraft setzt, bedeutet das aber noch nicht das Aus für das Atomabkommen – die übrigen Partner des Deals könnten diesen theoretisch trotzdem aufrechterhalten. Als weitere Möglichkeit könnte Trump auch neue Sanktionen gegen Teheran verhängen, die nicht mit dem iranischen Atomprogramm begründet sind.

Was passiert, wenn das Atomabkommen aufgekündigt wird?

In diesem Fall würden die wirtschaftlichen Sanktionen des Westens gegen Teheran wieder in Kraft treten. Das wäre auch zum Schaden europäischer Firmen. Der Iran würde die Urananreicherung wieder intensivieren und auch aus dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) aussteigen. Auf beiden Seiten würden die Hardliner Aufwind erhalten. China und Russland könnten die Entwicklung nutzen, um im Schatten der westlichen Sanktionen Geschäfte mit Teheran zu machen.

Der Wiener Politologe und Iran-Experte Heinz Gärtner sieht die Ankündigungen des US-Präsidenten "ganz pessimistisch". Dass es angesichts der explosiven Lage im Nahen Osten nach einem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mittelbar zu einer militärischen Konfrontation in der Region kommt, ist nach Ansicht Gärtners nicht auszuschließen.

Was hat der Iran vom Atomabkommen?

Als Gegenleistung hebt der Westen seine im Zusammenhang mit dem Atomprogramm verhängten Sanktionen gegen Teheran auf. Bei Verstößen gegen den Deal können diese aber umgehend und ohne weiteren Sicherheitsratsbeschluss wieder in Kraft treten. Das Waffenembargo und die Beschränkungen für das iranische Raketenprogramm bleiben jedoch zunächst aufrecht.

Wer ist für und wer ist gegen das Abkommen?

Während die USA unter Präsident Barack Obama dem Abkommen zustimmten, will dessen Nachfolger den Deal aufkündigen. Trump bezog schon während seines Wahlkampfs gegen das Abkommen Stellung. Alle anderen Unterzeichner sind für die Beibehaltung des Deals. Die Anrainerstaaten Israel und Saudi-Arabien positionierten sich zuletzt allerdings klar gegen das Abkommen. Israels Premier Benjamin Netanjahu präsentierte angebliche Beweise für ein militärisches Atomprogramm Teherans.

Warum wird das Abkommen kritisiert?

Das Atomabkommen ist zeitlich befristet. Es ist also bestenfalls dazu geeignet, ein etwaiges militärisches Atomprogramm des Iran um ein paar Jahre zu verzögern, nicht aber zu verhindern. Gefordert wird daher ein generelles Verbot der Urananreicherung für den Iran oder ein unbefristetes Abkommen.

Worum handelt es sich bei der Urananreicherung?

In natürlich vorkommendem Uran beträgt der Anteil an kettenreaktionsfähigem Uranium-235 lediglich 0,72 Prozent. Das ist zu wenig für eine Nutzung in Kernkraftwerken. Um den Anteil von Uranium-235 zu erhöhen, wird das Uran in Gaszentrifugen angereichert, für die Trennung wird das unterschiedliche Atomgewicht genutzt. Für Brennstäbe wird ein Anteil von Uranium-235 in der Höhe von drei bis fünf Prozent in großen Mengen benötigt. Für eine Verwendung in einer Atombombe braucht man hochangereichertes Uran mit mindestens 85 Prozent, jedoch in weitaus geringeren Mengen. Aber auch für medizinische Zwecke wird unter Umständen eine höhere Anreicherung benötigt, jedoch nicht in dem Ausmaß wie bei der militärischen Nutzung.

Wieso darf der Iran das Uran nicht hochanreichern, andere Staaten tun das doch auch?

Der Atomwaffensperrvertrag (Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons, NPT) verbietet die Verbreitung von Atomwaffen. Gleichzeitig ist das Recht auf friedliche Nutzung der Kernenergie festgeschrieben. Der Iran hat den NPT unterschrieben, sein Programm zur Urananreicherung jedoch vorbereitet. Deshalb wird vermutet, dass das Programm militärischen Zwecken diente. Teheran bestreitet das und pocht auf das im NPT verbriefte "unveräußerliche Recht" zur Anreicherung für zivile Zwecke. (vos, 8.5.2018)