Strache teilt besonders oft Artikel der "Krone".

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Mehr als 775.000 Facebook-Nutzern "gefällt" die Seite des Vizekanzlers Heinz-Christian Strache. Wenn er ein Posting verfasst, ist mit hoher Sicherheit zu erwarten, dass tausende es sehen und, sofern ein Link dabei ist, diesen auch anklicken.

Eben auf solche Links verlässt sich der FPÖ-Chef in den meisten seiner Postings am ehesten (eine Analyse von Straches Facebook-Auftritt im Allgemeinen finden Sie hier). Sein beliebtestes Medium ist dabei offensichtlich die "Kronen Zeitung".

Überhaupt besteht eine Wechselbeziehung zwischen der Zeitung und Strache, wie eine Datenanalyse des STANDARD, für die die Postings von Straches Facebook-Seite und jener der "Kronen Zeitung" im Zeitraum vom 24. Dezember 2017 bis 24. April 2018 analysiert wurden, zeigt.

Starker Facebook-Auftritt

Die "Krone" ist laut Media-Analyse mit einer Reichweite von 29,2 Prozent (an zweiter Stelle findet sich die "Heute" mit 12,6 Prozent, DER STANDARD erreicht 6,5 Prozent) die weitaus größte Tageszeitung Österreichs. Auch online hat die "Krone" mit mehr als 2,5 Millionen Verweilstunden pro Monat eine enorme Reichweite. Dazu kommt ein starker Facebook-Auftritt mit über 300.000 Fans.

Teilt sie ein Posting, so generiert es im Durchschnitt (berechnet nach dem Erhebungszeitraum) 240 Reaktionen. Das sind neben regulären "Likes" seit 2016 die Optionen "Love", "Wow", "Haha", "Sad" und "Angry". Reaktionen sagen zwar noch nicht aus, wie oft ein Artikel angeklickt wurde, sind aber trotzdem ein ungefährer Richtwert, um zu erfassen, wie viele Menschen ein Posting gesehen haben. Eine hohe Zahl an Reaktionen bedeutet, dass ein Posting öfter angezeigt wird (weil der Facebook-Algorithmus eben so funktioniert) – und dementsprechend auch öfter angeklickt wird.

"Krone" wird mit Abstand am meisten geteilt

Strache teilt häufig Artikel der "Krone". Im Zeitraum vom 24. Dezember 2017 bis 24. April 2018 verfasste Strache auf seiner offiziellen Seite 232 Postings, die einen Link beinhalteten. 111 davon führten zu der Website der "Kronen Zeitung". Der Onlineauftritt der Tageszeitung "Österreich", oe24.at, erreicht den zweiten Platz mit bloß 44 Nennungen, die Presse den dritten mit 20 Verlinkungen.

Weitere Verlinkungen führen etwa zu "unzensuriert.at" und dem Magazin "alles roger". Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sah in den Inhalten von "unzensuriert.at" "antisemitische Tendenzen" sowie "verschwörungstheoretische Ansätze und eine prorussische Ideologie". Das Mauthausen-Komitee hatte "alles roger" als "tendenziell antisemitisch" eingeschätzt.

Enorm hohe Anzahl an Reaktionen

Teilt Strache einen Link, der zur Website der "Kronen Zeitung" führt, generiert er im Durchschnitt mehr als achtmal so viele Reaktionen, als wenn es die "Krone" selbst tut. So erreichten seine Postings mit "Krone"-Link im Erhebungszeitraum im Durchschnitt 1.965,12 Reaktionen – Beiträge der "Krone" selbst 240,04 Reaktionen.

Dieses Posting generierte die meisten Reaktionen bei einer Verlinkung zur "Kronen Zeitung". Es hat auch die meisten "Angry"-Reaktionen (über 4.400).

"Wenn Strache einen normalen Bericht von uns auf Facebook teilt, dann merken wir, das haut die Quote auf das 1,5-Fache hoch", sagte Richard Schmitt, Chefredakteur der "Krone", 2016 bei einem Interview mit dem "Fleisch"-Magazin. "Das könnten ÖVP und SPÖ natürlich auch machen. Sie machen es aber nicht."

Gerade auf sozialen Medien ist diese Steigerung ersichtlich: Strache generierte im Untersuchungszeitraum allein mit den 111 Postings, die zur "Krone" führen, 218.128 Reaktionen – die "Kronen Zeitung" mit 982 Beiträgen insgesamt 235.723 Reactions.

Somit ist anzunehmen, dass Strache mit Verlinkungen auf die "Krone" fast genauso viele Klicks zu der Website der Zeitung generiert, wie sie es selbst mit ihrem eigenen Facebook-Auftritt tut. Schmitt verneinte im Gespräch mit dem STANDARD, dass Artikel manchmal bewusst anders – etwa mit anderem Titel – publiziert werden, damit Strache sie teilt. "Bei aller Wertschätzung, das wäre etwas übertrieben", sagte er. "Es ergibt sich halt, weil wir viel über Themen wie Integration und Kriminalität berichten", so Schmitt, Themen, auf die sich auch Strache fokussiere.

Welche Artikel werden geteilt?

Teilt Strache einen Link zur "Kronen Zeitung" und fügt einen Text hinzu, sind – neben regulärer Likes – rund 60 Prozent der Reaktionen "angry". Die zweitbeliebteste Reaktion ist mit ca. 47 aus rund 336 "Love". Im Vergleich dazu sind es bei allen anderen Postings von Strache nur rund 29 Prozent davon "Angrys", dafür aber rund 44 Prozent "Loves".

In den meisten Postings mit vielen "Angry"-Reaktionen kritisiert Strache die rot-grüne Stadtregierung in Wien.
montage: screenshots/facebook

"Angrys" auf Postings sind nicht gegen Strache selbst bezogen, sondern gegen die jeweilige Thematik, die er anspricht, gerichtet. Solche Beiträge sind zumeist sehr emotionalisierend verfasst und drücken Empörung aus. Das wohl beliebteste Thema ist Migration und Integration. Oft in den Titeln der verlinkten "Krone"-Artikel genannte Themen sind Islamisierung, islamische Flüchtlinge und islamische Kindergärten. Zumeist echauffiert sich Strache neben dem Link zu den Artikeln über die Opposition, allen voran die rot-grüne Stadtregierung in Wien.

Beispiel eines Strache-Postings mit vielen "Love"-Reaktionen.

Viele "Love"-Reaktionen generierten Links mit Titeln wie "Strache will jetzt Kopftuchverbot in Kindergärten", "Abschiebung, auch wenn Täter hier geboren sind" und "Asylwerber sollen künftig für ihr Quartier zahlen". Strache antwortet in solchen Postings mit Kommentaren wie etwa "Unser Innenminister Herbert Kickl schafft Sicherheit und setzt um!".

Auch "privates" Profil

Der FPÖ-Chef nutzt neben seiner offiziellen Facebook-Seite sein "privates" Profil, welches rund 41.000 Follower zählt, um sich zu politischen Themen öffentlich zu äußern. Hier pflegt er – zumindest bei Betrachtung einer Auswahl von Postings, da Facebooks API, die Schnittstelle zur Anwendungsprogrammierung, das Extrahieren von Postings eines privaten Profils bewusst nicht erlaubt – einen aggressiven Ton. Etwa nutzte er dieses, um die zuletzt von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus in einem Interview verbreitete gängige, antisemitische Verschwörungstheorie, dass George Soros die Migration nach Europa steuern soll, zu bekräftigen. Auch auf diesem Profil teilt Strache häufig "Krone"-Artikel, kommentiert sie scharf und generiert so eine große Zahl an "Angry"-Reaktionen. (Muzayen Al-Youssef, 21.5.2018)