Salzburg – Seit über einem Jahr hängt eine Millionenstrafe wegen falscher Schuldenangaben wie ein Damoklesschwert über Salzburg und Österreich. Am Dienstag entschied nun die EU-Kommission, die Strafe um zehn Prozent auf 26,8 Millionen Euro zu reduzieren. Der Salzburger Finanzlandesrat Christian Stöckl (ÖVP) hat kein Verständnis, "dass hier die EU an Österreich wegen des Salzburger Finanzskandals ein Exempel statuiert".

Konkret geht es um die Budgetdaten von 2008 bis 2012 an das EU-Statistikamt Eurostat. Die Angaben über die Schuldenstände wären für die Jahre 2012 und 2013 von den Salzburgern falsch dargestellt worden. Die EU-Kommission hat im Mai 2016 eine formelle Untersuchung wegen des Finanzskandals eingeleitet. Im Februar 2017 hat die Kommission dann eine Geldbuße in der Höhe von 29,8 Millionen Euro für die Republik Österreich vorgeschlagen, die nun auf 26,8 Millionen Euro reduziert wurde.

Die Reduktion der Strafe sei mit intensiven Verhandlungen seit über einem Jahr erreicht worden, heißt es von Stöckls Büro. Unter den 19 Euro-Ländern musste eine qualifizierte Mehrheit für einen Rabatt stimmen. Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) war es gelungen, unter seinen Amtskollegen genügend Unterstützer zu finden. Für den amtierenden Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) ist die Reduktion ein "Achtungserfolg".

Stöckl: Kein Schaden entstanden

Stöckl versteht die Strafe trotzdem nicht. Durch die unrichtigen und nach dem Skandal korrigierten statistischen Datenmeldungen sei weder Österreich noch der EU ein Schaden entstanden. Andere Staaten wie etwa Frankreich, Spanien oder Portugal hätten den Verstoß gegen den Stabilitätspakt zur Regel gemacht und kommen ungeschoren davon, ärgert sich Stöckl. "Der Finanzskandal ist ein Kriminalfall." Er sei aufgearbeitet worden, und dafür werde man nun bestraft.

Ob Österreich diese Strafzahlung nun hinnehmen wird, ist noch unklar. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hatte schon im Vorjahr angekündigt, Salzburg werde sich mit allen Mitteln gegen eine Strafzahlung zur Wehr setzten und notfalls vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen. Auch Stöckl meinte am Dienstag, Salzburg müsse gemeinsam mit dem Bund klären, ob beim EuGH dagegen berufen werde.

Wenn die Geldstrafe fällig wird, muss zunächst die Republik zahlen. Die kann dann aber Regressforderungen gegenüber Salzburg stellen und sich so schadlos halten. Stöckl kündigt schon an: "Wir werden mit dem Bund Gespräche führen und über eine allfällige Aufteilung verhandeln." Das Land Salzburg hat vorsorglich für allfällige Strafzahlungen 19 Millionen als sogenannte Verstärkungsmittel auf die Seite gelegt.

Justiz ermittelt immer noch

Mehr als fünf Jahre ist es nun her, dass am 6. Dezember 2012 der Salzburger Spekulationsskandal ans Licht kam. Die Finanzgeschäfte führten nicht nur zum politischen Umbruch in Salzburg, auch drei Strafrechtsprozesse sind seither wegen Teilbereichen des Finanzskandals geführt worden. Die Hauptbeschuldigte, die ehemalige Budgetreferatsleiterin Monika Rathgeber, verbüßt die zweite verhängte Strafe derzeit mit einer Fußfessel. Der letzte große Prozess ging im Juli 2017 über die Bühne. Wegen der Übertragung der Swap-Geschäfte von der Stadt an das Land Salzburg stand die nicht rechtskräftige Verurteilung des Salzburger Bürgermeisters Heinz Schaden (SPÖ) zu drei Jahren Haft, davon eines unbedingt, im Mittelpunkt. Schaden trat daraufhin als Bürgermeister zurück.

Der größte strafrechtliche Brocken des Spekulationsskandals ist jedoch noch offen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt noch immer im Hauptkomplex wegen über hundert Derivaten. Drei Personen werden noch als Beschuldigte geführt. Ein Ende der Ermittlungen ist noch nicht in Sicht, heißt es von der WKStA. Wann und ob es zu einer weiteren Anklage kommt, sei nicht absehbar. (Stefanie Ruep, 8.5.2018)