Oliver Vitouch hat zu einem Ideenwettbewerb zur Neuformulierung der vierten Strophe der Kärntner Landeshymne aufgerufen.

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Klagenfurt – "Kärnten hat sich wieder in zwei Lager geteilt, wie damals beim Ortstafelstreit", sagt Oliver Vitouch, der kürzlich eine polarisierende Debatte angestoßen hat. Der Rektor der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt hat zu einem Ideenwettbewerb zur Neuformulierung der vierten Strophe der Kärntner Landeshymne aufgerufen.

In dieser vierten Strophe, die vor allem FPÖ-Politiker und blaue Anhänger bei offiziellen Parteiveranstaltungen bevorzugt singen, geht’s blutig zur Sache: "Wo Mannesmut und Frauentreu' die Heimat sich erstritt aufs Neu', wo man mit Blut die Grenze schrieb und frei in Not und Tod verblieb ..." Diese Zeilen kamen erst in den frühen 1930er-Jahren dazu, die alte, noch auf die Kaiserzeit bezugnehmende Strophe wurde durch die "blutigere" ersetzt. Vitouch meint nun, es sei an der Zeit, dass nicht mehr mit Blut die Grenzen geschrieben werden, sondern Offenheit und Toleranz bekundet werden sollten.

Zudem: Diese vierte Strophe sei "keine Ode an die Selbstbestimmung des Landes", sondern handle vom völkischen Konflikt und sei "aufgeladen mit alten Klischees des Vaterlandes, der Treue und des Tods". Im Herbst, wenn der Wettbewerb mit einer Juryentscheidung beendet sei, "werden wir sehen, ob die Politiker politisch willens sind, die Hymne zu ändern oder gegebenenfalls auch eine neue Strophe hinzuzufügen".

"Kärntner Freiheitskampf"

Kaum war Vitouchs Vorschlag im Netz, tönten aus der FPÖ schrille Empörungsrufe. Es seien alle Versuche zu unterbinden, die Landeshymne zu verstümmeln, diese sei "unter absoluten Schutz zu stellen". Der Obmann des Kärntner Abwehrkämpferbundes (KAB), Fritz Schretter, verteidigte die "blutige" vierte Strophe, die Bezug nehme auf die "völlig unbestrittenen Verdienste des Kärntner Freiheitskampfes". Und die freiheitliche Jugend ergänzte, der Abwehrkampf stehe "für den Mut unserer Vorväter für eine freies und selbstbestimmtes Kärnten". Auch von "Heldentaten" war die Rede.

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) schließlich kann einem Zusatz zur Hymne durchaus etwas abgewinnen. Eine Ergänzung durch eine neue Strophe, die den historischen Zusammenhang sichtbar mache und eine Mahnung für die Zukunft beinhalte, sei überlegenswert.

Debatte auch in der Steiermark

Auch im Nachbarbundesland Steiermark beginnt man nun offenbar die Landeshymne genauer zu lesen. Im "Dachsteinlied" wird die Grenze der Steiermark noch "bis zum Wendenland am Bett der Sav'" und "bis ins Rebenland im Tal der Drav'" gezogen. Diese Zuordnungen stimmen seit der Monarchie nicht mehr.

Die ehemalige Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (ÖVP) hatte 2004 sogar einen Anlauf genommen, um die Hymne zu modernisieren. Anlass war die EU-Erweiterung, die auch den Nachbarn Slowenien näherbrachte. Nach einer von der FPÖ initiierten Unterschriftenkampagne gegen eine Änderung wurde das Projekt abgeblasen, aber nicht ganz vergessen.

Eine in Spanien lebende Steirerin hat jetzt an das Bundeskanzleramt geschrieben, man möge sich endlich um eine Neuformulierung der steirischen Hymne kümmern, sie werde in ihrer neuen Heimat als "österreichische EU-Bürgerin" immer wieder darauf aufmerksam gemacht. "Die Landesgrenzen zu Slowenien sind völkerrechtlich klar. Das sollte auch in der Hymne zum Ausdruck kommen", heißt es im Brief an das Kanzleramt und an Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP).

Den Ball aufgefangen haben jetzt die Grünen: "Wir wären für eine zeitgemäße Version und würden uns einer Änderung nicht verschließen", heißt es. (Walter Müller, 9.5.2018)