Christian Konrad engagiert sich auch privat weiterhin im Integrationsbereich.

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DER STANDARD

Wien – Der frühere Flüchtlingskoordinator des Bundes, Christian Konrad, übt im STANDARD-Interview heftige Kritik am Umgang mit abgelehnten Asylwerbern in Niederösterreich. Dass der zuständige Landesrat, Gottfried Waldhäusl (FPÖ), Betroffene in Sammelquartieren zusammenzieht, "ist als Signal unerfreulich, inhuman und beinahe menschenverachtend", sagt Konrad. Er habe auch schon bei den Behörden gegen diese Vorgehensweise protestiert. Bei Gelegenheit werde er seine Kritik auch bei Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vorbringen.

Integrationswillen

Generell sei es ein großes Problem, dass viele Asylwerber immer noch jahrelang auf rechtskräftige Entscheidungen warten müssten. Außerdem gebe es immer wieder falsche Entscheidungsgrundlagen, auf deren Basis Asylansuchen abgelehnt würden – etwa beim Thema Integrationswillen. "Da heißt es dann, dass ein Betroffener nicht integrationsfähig sei, obwohl er schon seit zwei Jahren eine Lehre absolviert, sich selber erhält und selber seine Wohnung bezahlt", führt der ehemalige Raiffeisen-Generaldirektor ein Beispiel an.

Die Frage, ob Afghanistan ein sogenanntes sicheres Land sei (derzeit werden viele Afghanen in ihre Heimat abgeschoben), beantwortet er so: "Weder generell ein sicheres Land noch generell ein unsicheres Land."

Heute ist Konrad Obmann des Vereines "Österreich hilfsbereit". Heuer hat er außerdem mit Mitstreitern die Allianz "Menschen. Würde. Österreich" gegründet. Auch diese Initiative besteht aus NGOs und Einzelpersonen, die sich im Integrationsbereich engagieren. Diese Plattform wende sich nicht gegen die Regierung, sondern an die Gesellschaft. Das habe er auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) persönlich mitgeteilt.

Reiches Land

Angesprochen auf das Jahr 2015, in dem knapp eine Million Flüchtlinge und Migranten auf ihren Märschen quer durch Europa auch ungehindert Österreich passieren konnten, meint Konrad, dass die damalige SPÖ-ÖVP-Regierung Fehler gemacht habe. "Darauf vorbereitet konnte niemand sein. Aber wie man darauf reagierte, das war entscheidend", so Konrad. Die Zivilgesellschaft habe improvisiert, "viele Menschen sind einfach nach Nickelsdorf gefahren und haben vor Ort geholfen". Im Lager Traiskirchen hingegen, wo der Staat zuständig sei, wären Flüchtlingen zumindest kurzfristig unterversorgt gewesen. Die eilig installierte Flüchtlingskoordination des Bundes, in die er damals berufen wurde, habe aber rasch Abhilfe schaffen können.

Generell habe Österreich im Vergleich mit anderen Ländern dann die Situation gut gemanagt. "Wir sind ein reiches Land, hier darf es nicht vorkommen, dass Familien mit kleinen Kindern im Freien schlafen", sagt Konrad. (Text: Hans Rauscher, Video: Michael Luger, Andreas Müller, Ayham Yossef, 8.5.2018)