Geht es beim Kongress hart zur Sache, abends, beim Tanz, löst sich die Spannung oft in bewegten Schrittfolgen auf. Begleitveranstaltungen von Kongressen wie Bälle heben die Wertschöpfung.

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Wien – Der Wiener Kongress, bei dem Europa nach der Niederlage Napoleons in den Koalitionskriegen neu geordnet wurde, wird in seiner Dauer – 18. September 1814 bis 9. Juni 1815 – wohl für immer unerreicht bleiben. Bei der Zahl jährlich neu ausgerichteter Messen, Tagungen und Kongresse scheint es in Österreich vorderhand kein Limit zu geben.

Auch 2017 war neuerlich ein Rekordjahr. Österreichweit verzeichnete die Tagungswirtschaft insgesamt 21.641 Veranstaltungen, um fast zwölf Prozent mehr als 2016, das schon ein Rekordjahr gewesen war. Zuwächse gab es in allen Kategorien, auch die Zahl der Teilnehmer erreichte mit rund 1,7 Millionen Personen eine neue Höchstmarke.

Gewichtiger Beitrag zum BIP

Das heimische Tagungsgeschäft leistet aber auch einen immer gewichtigeren Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt. Auch das geht aus dem Meeting Industry Report Austria (Mira) hervor, der am Dienstag von der Chefin der Österreich-Werbung (ÖW), Petra Stolba, gemeinsam mit dem Präsidenten des Austrian Convention Bureau (ACB), Christian Mutschlechner, präsentiert wurde. Mit rund 1,7 Milliarden Euro stieg die durch den Kongresstourismus induzierte Wertschöpfung im Land um nicht weniger als sechs Prozent. Basis der Berechnung sind Zahlen aus Wien, die im Gegensatz zu anderen Bundesländern vorliegen und sehr valide sind.

Diese Daten hat man um die im Schnitt etwas kürzere Aufenthaltsdauer der Tagungsgäste in den Bundesländern diskontiert. Rund ein Viertel der gezählten Veranstaltungen waren im Vorjahr Kongresse, deren Zahl um 9,1 Prozent stieg. Ein Viertel der Veranstaltungen machten Seminare aus, deren Zahl sich um 9,6 Prozent erhöhte. Jede zweite Veranstaltung war eine Firmentagung. Dort wurde auch mit 14,4 Prozent das stärkste Wachstum verzeichnet – geschuldet nicht zuletzt auch der besseren Konjunktur.

Davon hat auch Niederösterreich profitiert. Viele Unternehmen aus Wien richteten ihre Tagungen im Nachbarbundesland aus, erklärte ACB-Präsident Mutschlechner das starke Plus von Niederösterreich im vorjährigen Tagungsgeschäft. Hinter Wien und Salzburg konnte sich Niederösterreich im Berichtsjahr an dritter Stelle positionieren.

40,8 Prozent der Veranstaltungen fanden 2017 in den Landeshauptstädten (exklusive Wien) statt – ein Plus von 18,8 Prozent auf 5842. Das heimische Tagungsgeschäft generierte laut dem Report insgesamt knapp 3,5 Millionen Gästenächtigungen. Gemessen an Österreichs Gesamtnächtigungszahl von 144,5 Millionen entspricht dies einem Anteil von 2,4 Prozent.

EU-Ratspräsidentschaft

Das Jahr 2018 steht ab Juli ganz im Zeichen der EU-Ratspräsidentschaft, die Österreichs Tagungswirtschaft zusätzliche Veranstaltungen bescheren dürfte. In jedem Bundesland wird laut derzeitiger Planung zumindest eine Tagung mit EU-Bezug abgehalten.

Unverändert geblieben ist in den vergangenen Jahren die durchschnittliche Dauer der Veranstaltungen: Der Schnitt liegt bei zwei Tagen, wobei internationale Kongresse in der Regel von etwas längerer Dauer sind als nationale. (Günther Strobl, 9.5.2018)