Mit der "Mi"-Reihe hat sich Xiaomi vom Noname binnen weniger Jahre zu einem Stern am chinesischen Smartphone-Himmel entwickelt. Features, mit denen man sich auch hinter Samsung und Apple nicht verstecken muss, für einen deutlich niedrigeren Preis. Das machte die Geräte auch bald bei Importhändlern beliebt.

Der Emporkömmling von damals ist mittlerweile zu einem Großkonzern erwachsen und hat seine Tätigkeiten längst über seinen Heimatmarkt hinaus ausgebreitet. In zahlreichen asiatischen Ländern ist man präsent und auch manche europäische Märkte hat man vorsichtig betreten. Nun kommt Xiaomi auch in Österreich an – und zwar gleich doppelt. Einerseits hat ein von einem Distributor betriebener Store in der Shopping City Süd bei Wien aufgesperrt. Und andererseits führt der Mobilfunker "3" dank einer offiziellen Partnerschaft von Mutterfirma Hutchison die Geräte nun in seinem Sortiment.

Für heimische Kunden bedeutet dies, dass die Xiaomi-Handys jetzt noch leichter und auch als Vertragsgeräte zu haben sind. Zuvor schon haben verschiedene Elektronikhändler einige Modelle ins Angebot aufgenommen.

Das Mi 6, aktuelles Topmodell der Mi-Reihe.
Foto: Xiaomi

Produktportfolio: Von Smartphones...

Doch das Sortiment von Xiaomi geht über die "Mi"-Smartphones hinaus. Neben dieser Flaggschiff-Serie gibt es auch die "Redmi"-Reihe, die sich an jüngeres und budgetbewusstes Publikum richtet. Mit diesen Geräten tritt Xiaomi etwa ganz massiv in Indien auf, wo sich viele Menschen die Topmodelle schlicht nicht leisten können. Dort konnte man mit dieser Strategie sogar Marktführer Samsung entthronen.

Mit Mobiltelefonen ist das Portfolio allerdings nicht noch lange nicht erschöpft. Unter dem Dach von Xiaomi wird ein ganzes Sammelsurium an mehr oder weniger "smarten" Geräten feilgeboten. Passend für eine stabile Drahtlosvernetzung im Eigenheim finden sich darunter auch mehrere Router unterschiedlicher Formfaktoren.

Umgerechnet rund 27 Euro kostet Xiaomis neuester ac-WLAN-Router, der Mi Router 4.
Foto: Xiaomi

...bis zu Luftreinigern

Alles im Blick behalten kann man mit verschiedenen Security-Kameras. Luftreiniger, besonders in den vom Smog geplagten Großstädten Chinas stark vermarktet, sollen ein gutes Raumklima erhalten. Als billige Alternative zu Nest und Co. gibt es außerdem einen per Bluetooth steuerbaren Thermostaten mit integriertem Luftfeuchtesensor. Sportliche Betätigung kann man mit verschiedenen Armbändern bzw. Smartwatches, wie etwa der Amazfit Bip Watch messen. Und auch Laptops führt man – reichend vom leichtgewichtigen Macbook Air-Verschnitt bis hin zum Notebook für Casual Gaming. Die Rechner laufen mit Windows.

Für Home Entertainment pflegt man seit Jahren auch die Mi TV-Reihe an vergleichsweise günstigen Smart-TVs. Wer für seinen bestehenden Fernseher ein Streaming-Gerät braucht, findet mit der Xiaomi TV-Box eine Lösung. Für Beschallungszwecke gibt es ein Sammelsurium an großen und kleinen Lautsprechern, die sich ebenfalls per Bluetooth ansprechen lassen und teilweise auch NFC beherrschen. Ähnlich bunt gehalten ist der Katalog an verkabelte und drahtlosen Kopfhörern und Headseits. Insbesondere die "Bullet"-In-Ear-Hörer haben sich einen Ruf für guten Sound für wenig Geld erarbeitet.

Der Xiaomi Roborock S50 wird von vielen Testern gelobt und gilt als preiswerter und ebenbürtiger Konkurrent zu den Highendmodellen hiesiger Marken.
Foto: Xiaomi

Ein Staubsaugroboter als Star

Der heimliche Star ist allerdings der "Roborock S50", ein Staubsaugerroboter. Er ist der Nachfolger des ersten Xiaomi "Vacuum Robot", der bereits viele positive Rezensionen erhielt. Die neue Generation verfügt über aufgemotzte Sensoren, mehr Saugleistung und eine Bodenwischfunktion. Abseits der limitierten Spracheinstellungen (das App-Interface des Roboters gibt es nur in Englisch und Chinesisch) wird in hohen Tönen gelobt.

Mit zuverlässiger Navigation und effizienter Reinigung und zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten spielt er auf dem Level der Highend-Produkte von Dyson oder Roomba – kostet mit rund 350 bis 400 Euro aber nicht einmal die Hälfte.

Selbst den Bereich elektrifizierter Fortbewegungsmittel hat man erschlossen. Ein Auto führt man zwar (noch?) nicht, dafür allerdings Elektrofahrräder, "Hoverboards", elektrische Einräder und Segways. Der E-Scooter hat es auch ins Angebot in den österreichischen Store geschafft.

Für urbane Mobilität bietet man Geräte wie Segways oder E-Scooter an.
Foto: Xiaomi

Ein Ökosystem, viele Firmen

Anhand von letztgenanntem Produkt lässt sich auch die Strategie von Xiaomi einleitend erklären. Abseits von Smartphones und Tablets, deren Accessoires und üblichem Merchandise produziert Xiaomi kaum etwas selber. Das Unternehmen verfolgt die Strategie, in andere Hersteller zu investieren und anschließend Geräte in Auftrag zu geben.

Diese setzen die Firmen nicht im Alleingang um. Xiaomi entsendet Spezialisten, die Qualitätskontrolle betreiben und sicherstellen, dass die Produkte nicht zu teuer werden. Zum Ökosystem des Konzerns gehören unter anderem Yi Technologies (Kameras), Amazfit (Wearables) und Segway-Ninebot (elektrische Fortbewegungsmittel). Auch der Staubsaugroboter wird "extern" hergestellt, und zwar von Roborock Technologies aus Peking.

Mit der Redmi-Reihe visiert man das Segment der Smartphones zwischen circa 100 und 250 Euro an. Hier: Das Redmi Note 4.
Foto: derStandard.at/Pichler

Smartphones sind noch der Umsatzbringer

Aktuell, so geht aus den Unternehmenszahlen hervor, erwirtschaftet Xiaomi 70 Prozent seiner Umsätze mit Smartphones. 20 Prozent entfallen auf "Lifestyle- und IoT-Produkte", die restlichen zehn Prozent nimmt man mit Online-Services und aus anderen Quellen ein. Das soll sich aber schnell und dramatisch ändern.

Denn obwohl Xiaomi oft das "chinesische Apple" genannt wird, legt es das Unternehmen doch eher an wie Amazon. Die eigenen Geräte werden mit niedriger Marge verkauft, die man in einem PR-Stunt kürzlich auch noch offiziell auf fünf Prozent begrenzt hat. Das durchschnittliche Xiaomi-Phone, das in den letzten Monaten verkauft wurde, kostet umgerechnet nicht einmal 120 Euro. Zusätzliches Geld lukriert man über den Verkauf von Accessoires.

Das Mi 1, oft auch "Xiaomi Phone" genannt, erschien 2011 und wurde zum Überraschungserfolg.
Foto: Xiaomi

Die Zukunft liegt in Online-Services

Der höhere Zweck der Smart Home-Geräte und Telefone ist es jedoch, Kunden zu den eigenen digitalen Dienstleistungen zu locken. Darunter fallen etwa kostenpflichtige Themes, Cloudspeicher oder ein Streamingdienst für Musik und Video. Man betreibt auch einen eigenen Appstore, der für Niutzer in China die wichtigste App-Quelle ist, da dort kein Zugriff auf Google Play möglich ist.

Xiaomi, das bald in Hongkong an die Börse gehen will, will laut einem von Tech in Asia zitierten Insider den Umsatzanteil seiner Online-Services bis Ende 2019 über jenen seiner Hardware steigern. Ein ambitioniertes Vorhaben, zumal Smartphones und Co. derzeit eben noch 90 Prozent beisteuern. Die Ansage kann aber auch als Hinweis auf die Pläne des Unternehmens gesehen werden.

Droht neue Konkurrenz für Netflix und Amazon?

Die Basis ist durchaus vorhanden. 132 Millionen User sollen täglich bereits eine Xiaomi-Geräte benutzten, die tägliche Verwendungszeit kommt auf 5,2 Stunden. Nachdem Online-Dienste mit einer Marge von 40 Prozent deutlich profitabler sind, als die 2,8 Prozent aus dem Hardwaregeschäft, darf dieser Vorstoß nicht verwundern.

Um dieses Ziel zu erreichen könnte eine Expansion der Online-Dienste in weitere Märkte anstehen, denn China allein bringt bislang noch 72 Prozent des Umsatzes. Die Streaming-Services gibt es bereits am Hoffnungsmarkt Indien. Mit einer weiteren Internationalisierung könnte Xiaomi zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für Amazon, Netflix, Spotify oder Apple Music werden. (gpi, 29.06.2018)