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Irans Präsident Rohani wettert gegen das "illegitime zionistische Regime" – gemeint ist Israel.

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Trump hat im Wahlkampf stets den Iran-Deal kritisiert.

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Macron (links) vermeldete die Entscheidung Trumps vorab.

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Washington/Teheran/Wien – Irans Präsident Hassan Rohani hat nach dem von Donald Trump verkündeten Rückzug der USA aus dem Atomabkommen gedroht, wieder verstärkt Uran anzureichern. Er habe die iranische Atomenergieorganisation angewiesen, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um gegebenenfalls "die unbegrenzte industrielle Anreicherung" wiederaufzunehmen, sagte Rohani am Dienstagabend.

Der Iran macht die endgültige Entscheidung darüber jedoch von den anderen Vertragspartnern abhängig. Außenminister Mohammed Javad Zarif schrieb am Mittwoch auf Twitter, er werde demnächst auf Anweisung Rohanis eine Pendeldiplomatie aufnehmen. Danach werde der Iran sich dann endgültig entscheiden, ob er im Abkommen bleiben werde.

Bei den Verhandlungen mit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, China und Russland gehe es in erster Linie um die vertragsgerechte Umsetzung des Deals. Es müsse versichert werden, dass der Iran voll und ganz von den wirtschaftlichen Vorteilen des Abkommens profitieren könne, teilte Zarif mit. Wie lange diese Verhandlungen dauern werden, sagte er nicht.

Restliche Vertragspartner wollen Deal retten

Alle fünf Staaten haben angekündigt, auch im Fall des Ausstiegs der USA an dem Abkommen festzuhalten. "Von heute an gilt das Atomabkommen zwischen dem Iran und fünf Staaten", sagte Rohani. "Wir werden schauen müssen, was die fünf großen Länder tun." Es bleibe nur wenig Zeit, um zu prüfen, ob die iranischen Interessen in Zusammenarbeit mit den anderen Ländern noch gewahrt werden könnten.

"Wenn unsere Interessen nicht gewahrt sind, werde ich zum Volk sprechen und es über die getroffenen Entscheidungen informieren", sagte Rohani. Er betonte, dass der Iran sich voll an das Abkommen gehalten habe. "Wir sehen heute, welches Land seine internationalen Verpflichtungen nicht einhält", sagte er mit Blick auf die USA. Einzig das "illegitime zionistische Regime" habe Trumps Haltung unterstützt.

Am Dienstagabend hatte Trump verkündet, dass sich die USA ungeachtet der Kritik der anderen Unterzeichnerstaaten und weiterer Verbündeter aus dem Atomabkommen zurückziehen werden. Die EU will an dem Deal festhalten. Deutschland, Frankreich und Großbritannien bedauerten die US-Entscheidung.

Trump: "Desaströser Deal"

Trump sprach bei seiner Rede im Weißen Haus von einem "desaströsen Deal", der im Kern "faul" sei und den Iran nicht an der Entwicklung von Atomwaffen hindern könne. Bliebe das Abkommen bestehen, würde ein atomares Wettrüsten im Nahen Osten entstehen.

Die Rede Trumps zum Nachschauen.

"Heute wissen wir, dass das Versprechen des Iran eine Lüge war", sagte Trump. Die israelischen Erkenntnisse hätten das in der vergangene Woche belegt.

"Terrorregime"

Trump nannte die iranische Regierung ein "Regime großen Terrors", das für den Tod hunderter US-Bürger verantwortlich sei, und kündigte die Verhängung schärfster Wirtschaftssanktionen an. Der Iran werde ein neues und langfristiges Abkommen schließen wollen, sagte Trump voraus. Er sei zu Verhandlungen bereit: "Großartige Dinge können für das iranische Volk geschehen."

Der Präsident fordert seit Monaten, dass von angebliche Schwächen des Vertrags nachverhandelt werden müssten. Unter anderem will er, dass der Iran sein Atomprogramm auch nach dem Ende der Vertragslaufzeit 2025 einschränkt. Die "New York Times" berichtete kurz vor Trumps Rede unter Berufung auf einen Insider, dass die Gespräche über einen Fortbestand des Abkommens an Trumps Forderung gescheitert, über 2030 hinaus an strengen Grenzen für die iranische Produktion von atomarem Brennstoff festzuhalten. Der Iran hat Neuverhandlungen abgelehnt.

Obama reagiert ebenfalls.

Sanktionen werden in Kürze wieder eingesetzt

Die USA werden ihre derzeit ausgesetzten Sanktionen nach einer Phase von 90 bis 180 Tagen wieder komplett einsetzen. US-Finanzminister Steven Mnuchin erklärte am Dienstag, das gelte auch für die sogenannten sekundären Sanktionen. Diese richten sich vor allem gegen Einzelpersonen und Unternehmen.

Diese Übergangszeit solle allen ermöglichen, ihre Geschäfte mit Teheran herunterzufahren. Die primären Sanktionen richten sich vor allem gegen die Zentralbank des Iran. Der nationale Sicherheitsberater John Bolton sagte, es sei "absolut möglich", dass es zusätzliche Sanktionen gegen den Iran geben werde.

Der frühere US-Außenminister John Kerry, einer der Architekten des Iran-Deals 2015, lässt kein gutes Haar an Trumps Entscheidung.

EU will Deal beibehalten

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte am Dienstagabend in Rom, dass die EU der vollen Umsetzung des Abkommens verpflichtet bleibe, "solange sich der Iran an seine nuklearen Verpflichtungen hält", was er bisher tue.

"Wir vertrauen voll auf die Kompetenz und Unabhängigkeit der Internationalen Atomenergiebehörde, die zehn Berichte veröffentlicht hat, in denen dem Iran die volle Einhaltung der Verpflichtungen bescheinigt wird." Sie werde nun in den kommenden Stunden und Tagen mit allen Partnern die Auswirkungen der Entscheidung untersuchen, sagte sie.

Guterres "zutiefst besorgt"

Uno-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "zutiefst besorgt" über den US-Ausstieg aus dem Abkommen. Dieses sei eine "wesentliche Errungenschaft" beim Versuch, die Verbreitung von Atomwaffen einzudämmen, sagte Guterres. Es habe zu Frieden und Sicherheit in der Region sowie in anderen Teilen der Welt beigetragen. Andere Partner des Abkommens rief Guterres auf, sich weiter an die Vereinbarungen zu halten.

Chinas Staatsmedien kritisieren Trump

Auch Chinas Staatsmedien kritisierten den Ausstieg der USA. "China Daily" sprach am Mittwoch von "einer Bedrohung für die Weltordnung". Wenn der Iran-Deal auseinanderfallen sollte, könnte das auch Hoffnungen für eine Lösung ähnlicher Krisen und Verhandlungen etwa über den Atomkonflikt mit Nordkorea einen Schlag versetzen.

Indem die USA einseitig ein multilaterales Abkommen aufkündigten, gäben sie ein "sehr schlechtes Beispiel". "In einer Welt der gegenseitigen Abhängigkeiten ist kein Raum für reinen Egoismus", schrieb der Kommentator. "Wenn Trumps Amerika-zuerst-Doktrin bedeutet, dass die USA ihre eigenen Interessen auf Kosten anderer Länder verfolgen, werden die USA früher oder später zunehmend isoliert auf der Weltbühne dastehen."

Türkei befürchtet "neue Konflikte"

Auch die Türkei äußerte die Sorge, dass Trumps Entscheidung zu "neuen Konflikten" führen werde. "Der einseitige Rückzug der USA aus dem Atomabkommen ist eine Entscheidung, die Instabilität und neue Konflikte schaffen wird", erklärte Präsidentensprecher Ibrahim Kalin am Dienstagabend.

Saudis sehr erfreut

Saudi-Arabien hat die Entscheidung Trumps dagegen begrüßt. Der Iran nutze die finanziellen Vorteile des Abkommens, um die Region weiter zu destabilisieren, erklärte das sunnitische Königreich am Dienstagabend laut dem Sender Al-Arabiya. Saudi-Arabien hoffe, dass die internationale Gemeinschaft Schritte ergreifen werde, um der "iranischen Gefahr" für die Sicherheit zu begegnen.

Saudi-Arabien ist ein Erzrivale des schiitischen Iran. Dieser fördere Terrororganisationen wie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah und die Huthi-Rebellen im Jemen, hieß es in der Erklärung des Königreichs. Eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition fliegt im Jemen Luftangriffe gegen die Huthis.

Saudi-Arabien hat zudem die Bereitschaft zur Steigerung seiner Ölproduktion angedeutet. "Saudi-Arabien fühlt sich der Unterstützung stabiler Ölmärkte zum Wohle von Produzenten und Verbrauchern sowie der Nachhaltigkeit des weltweiten Wachstums nach der Entscheidung verpflichtet", erklärte ein Vertreter des saudischen Energieministeriums am Mittwoch. Um Versorgungsengpässe zu vermeiden, werde man mit den großen Produzenten und Kunden innerhalb und außerhalb der Opec sprechen.

Moskau: "Zerstörerisch, wenn nicht katastrophal"

Russische Außenpolitiker kritisierten den Ausstieg der USA. Trump provoziere geradezu, dass Teheran wieder an einer eigenen Bombe arbeite, sagte Senator Wladimir Dschabarow, Vize im Außenausschuss des Föderationsrats, am Dienstag.

Der Ausstieg sei "zerstörerisch, wenn nicht katastrophal", sagte Leonid Sluzki, Vorsitzender des Außenausschusses der Staatsduma, der Agentur Interfax zufolge. Trump habe dem Iran in der schärfstmöglichen Form einen kalten Krieg erklärt, sagte der kremlnahe Außenpolitik-Experte Fjodor Lukjanow. "Ein Erhalt der Abkommen auch ohne die USA, auf den bisher die anderen Teilnehmer gehofft hatten, wird praktisch unmöglich."

Anders sah es der russische Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Michail Uljanow. Das Abkommen werde nicht sofort zusammenbrechen, sagte er, es gebe eine kurze Frist für Gespräche. Moskau werde sich bemühen, die Folgen des Ausstiegs der USA zu mildern. (red, APA, Reuters, 8.5.2018)