Renate Bertlmann wird als erste Frau den Österreich-Pavillon der kommenden Kunstbiennale von Venedig mit einer Einzelausstellung bespielen.

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Kontern kann sie. "Ob ich ins Gefängnis komme oder eine Artist in Residence erhalte, kann ich noch nicht vorhersagen", antwortete Renate Bertlmann gestern auf eine Ansage von Bundesminister Gernot Blümel (VP) und hatte dabei die Lacher auf ihrer Seite. Er sei "sehr gespannt", wie der Künstlerin die angekündigte Provokation in Venedig gelingen würde; Künstler wie Brus und Schiele seien früher eingesperrt worden, heute bekämen sie ein Stipendium.

Auch ihren ironisch-bissigen Humor hat die 75-Jährige schon des Öfteren bewiesen, nur schmeckt dieser nicht jedermann. Kunsttheoretiker Peter Gorsen schrieb der feministischen Künstlerin sogar die Erfindung der weiblichen Zote – als Gegensatz zum Männerwitz – zu. Ihre künstlerischen Antworten auf die Macht des Phallus und die Machismen der Gesellschaft verstörten; ihre "Vagina dentata" und Materialien wie Präservative, Babyschnuller, Godmichés und Sexpuppen verschreckten; die aggressiven Gesten wurden missverstanden.

Dabei ging es der 1943 in Wien geborenen Künstlerin, wie sie 1973 in einem Pamphlet festhielt, darum, das "feminine Prinzip in eine maskuline Welt zu bringen und dadurch die Welt menschlich anstatt männlich zu machen". Ihr künstlerisches Lebensmotto: "Amo ergo sum." Herausfordernd ist ihr OEuvre aber bis heute geblieben: Mit #It'sYou Too forderte sie in ihrer jüngsten Ausstellung Männer auf, ihr eigenes Rollenbild endlich zu hinterfragen. #MeToo nannte sie bei dieser Gelegenheit "eine der wichtigsten emanzipatorischen Bewegungen überhaupt".

Unterstützt wurde Bertlmann stets von ihrer Mutter, die auch Künstlerin war, und unabhängig davon, ob diese auch alles guthieß. In den 1960ern studierte Bertlmann zuerst in Oxford, dann an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wo sie später auch unterrichtete. Den Rücken stärkte ihr von Anfang an ebenso Ehemann Reinhold, ein Quantenphysiker und – wie sie sagt – "Feminist der ersten Stunde". Das Brautkleid ihrer Hochzeit 1969 nutzte sie später für die Performance Die schwangere Braut.

Es war das Foto dieser "Gefangenen" mit Schnullerkrone, mit dem sie Biennale-Kuratorin Felicitas Thun-Hohenstein 2002 in der Ausstellung Let's twist again für sich einnahm. Die Zeit der großen Personalen begann aber erst 2016, als sie in Wien und in London ausstellte. Rasch folgte der Große Österreichische Staatspreis und nun die Biennale. (Anne Katrin Feßler, 8.5.2018)